Was hält der Koalitionsvertrag für private Eigentümer und Vermieter bereit?
Die neue rot-grün-gelbe Bundesregierung hat die Arbeit aufgenommen. Ein Blick in den Koalitionsvertrag der „Ampel“ zeigt: Statt einem Aufbruch in der Wohnungspolitik ist wohl eher mit neuen Belastungen und einem Scheitern der Energiewende im Gebäudebestand zu rechnen.
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Von Verbandsdirektor RA Ralf Schönfeld
Unter dem Motto „Mehr Fortschritt wagen“ verspricht der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung den Beginn eines großen Aufbruchs. Ein Blick in die konkreten Vereinbarungen sorgt aus Sicht von Haus & Grund aber für Skepsis. Haus- und Grundeigentümer müssen mit weiteren Gängelungen und finanziellen Mehrbelastungen rechnen. Auf den ersten Blick ist es zwar gut, dass die FDP viele Forderungen von SPD und Grünen abwehren konnte. Einen Beitrag zur Besserung der angespannten Lage an vielen Wohnungsmärkten leistet die Ampelkoalition aber nicht. Statt Aufbruch gibt es ein „Weiter so“ bei den nutzlosen Regulierungen im Mietrecht.
„Wir werden das Bauen und Wohnen der Zukunft bezahlbar, klimaneutral, nachhaltig, barrierearm, innovativ und mit lebendigen öffentlichen Räumen gestalten.“ Diese Aussage, verbunden mit der Ankündigung des Baus von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich geförderte Wohnungen, klingt zwar gut, muss aber erst einmal den Realitätscheck bestehen. Die Absicht zu einem „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ klingt zudem nach dem Motto „Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis“.
Klimaschutz im Gebäudebereich – die Tücke steckt im Detail
Der KfW-Effizienzhaus-StandardZum Interpretieren des KfW-Standards ist immer die dabei genannte Zahl entscheidend. Sie steht in Relation zu einem Referenzhaus (KfW Effizienz 100), das nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) per Definition als das Standardhaus gilt. Ein KfW Effizienzhaus 70, auch bekannt unter dem Begriff KfW-70-Haus, benötigt im Jahr 30 Prozent weniger Primärenergie als das Referenzhaus nach GEG. Daneben gibt es noch die KfW Effizienzhäuser 40, 55, 85 und 100. Demnach verbraucht ein KfW Effizienzhaus 55 im Jahr 45 Prozent weniger Primärenergie als das Referenzhaus. Beim KfW Effizienzhaus 40 sind es folglich 60 Prozent. Aktuell für Schlagzeilen hatte das Auslaufen der KfW-Förderung beim Neubau für das „Effizienzhaus 55“ gesorgt. Nur noch bis Ende Januar 2022 nimmt die KfW Anträge auf Förderkredite samt Tilgungs- oder Investitionszuschuss für solche Objekte entgegen. Später gibt es nur noch Geld für die anspruchsvolleren Standards im „Effizienzhaus 40“. |
Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) soll wie folgt geändert werden: Zum 1. Januar 2025 soll jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden; zum 1. Januar 2024 werden für wesentliche Ausbauten, Umbauten und Erweiterungen von Bestandsgebäuden im GEG die Standards so angepasst, dass die auszutauschenden Teile dem Standard eines KfW Effizienzhaus 70 (siehe Kasten) entsprechen. Im GEG werden die Neubau-Standards zum 1. Januar 2025 an das KfW-40-Haus angeglichen. Um hier tatsächlich nicht nur eine wirtschaftlich effiziente, sondern vor allem eine sozialverträgliche Umsetzung der Klimaschutzziele zu erreichen, darf es zu keiner einseitigen Überforderung der Immobilieneigentümer kommen. Insbesondere die unterschiedlichen Herausforderungen in Stadt und Land müssen bei der Umsetzung neuer Gesetze berücksichtigt werden.
Bei der Solardachpflicht sollen nur gewerbliche Neubauten verpflichtet werden, während dies „bei privaten Neubauten …die Regel werden“ soll. Dabei will die neue Bundesregierung „bürokratische Hürden abbauen und Wege eröffnen, um private Bauherren finanziell und administrativ nicht zu überfordern“. Haus & Grund wird zukünftige Vorhaben der Politik an dieser Aussage messen. Das gilt auch für die Erklärung, dass im Rahmen der Novellierung des Steuer-, Abgaben- und Umlagensystems die Förderung von Mieterstrom- und Quartierskonzepten „vereinfacht und gestärkt“ werden soll.
CO₂-Umlage und Teilwarmmiete als zukünftige Konfliktherde
Für den Gebäudesektor soll ein „schneller Umstieg auf die Teilwarmmiete“ geprüft werden, im Zuge dessen die Modernisierungsumlage für energetische Maßnahmen in diesem neuen System aufgehen soll. Hier wird nach Einschätzung von Haus & Grund eine nicht praktikable Quadratur des Kreises versprochen, die im Zweifel zu Lasten der Vermieter ausgestaltet werden wird.
Das gilt ebenso für die propagierte „faire Teilung“ des CO₂-Preises zwischen den Vermietern einerseits und Mietern andererseits. Zum 1. Juni 2022 soll ein Stufenmodell nach Gebäudeenergieklassen eingeführt werden, das die Umlage des CO₂-Preises nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) regelt. Sollte dies zeitlich nicht gelingen, werden die erhöhten Kosten durch den CO₂-Preis ab dem 1. Juni 2022 hälftig zwischen Vermieter und Mieterin bzw. Mieter geteilt. Damit können sich Vermieter aller Voraussicht nach darauf einstellen, dass ab diesem Zeitpunkt die (systemwidrige) hälftige Teilung der CO₂-Kosten kommen wird. Die geplante Aufteilung des CO₂-Preises ohne Rückerstattung ist weder klimapolitisch sinnvoll noch sozial gerecht.
Schutz der Mieter zu Lasten der privaten Vermieter?
„Schutz der Mieterinnen und Mieter“: Unter dieser Überschrift finden sich im Koalitionsvertrag eine Vielzahl einseitiger Pläne zu Lasten der Vermieter, wobei man traurigerweise als „positiv“ feststellen muss, dass Pläne der SPD für einen deutschlandweiten Mietendeckel oder der Grünen für einen Betrachtungszeitraum für Mietspiegel von 20 (!) Jahren nicht kommen.
Mit der Ankündigung, die geltenden Mieterschutzregelungen zu evaluieren und zu verlängern, wird die bereits bisher einseitige Mieterschutzpolitik fortgeführt. In angespannten Märkten soll die Kappungsgrenze bei bestehenden Mietverhältnissen auf elf Prozent in drei Jahren abgesenkt werden. In Rheinland-Pfalz betrifft dies nach derzeitiger Lage die Städte Landau, Mainz, Speyer und Trier, während bei der Verlängerung der Mietpreisbremse bis zum Jahr 2029 zusätzlich Ludwigshafen betroffen ist. Der Betrachtungszeitraum für Mietspiegel wird von sechs auf sieben Jahre verlängert, womit die Marktmieten weiter gedrückt werden sollen. Die Ankündigung „für mehr Transparenz bei den Nebenkostenabrechnungen zu sorgen“, verspricht nur neue Bürokratie ohne echten Mehrwert.
Sämtliche geplanten mietrechtlichen Vorhaben kommen nur vordergründig Mietern zugute. Das Angebot an Mietwohnungen wird so nicht erhöht. Das ist es aber, was diejenigen, die eine Wohnung suchen, brauchen. Für die privaten Wohnungsanbieter wird stattdessen das Vermieten noch komplizierter und teurer gemacht. Wegen der erneuten Senkung der Kappungsgrenze ist allen Vermietern zu empfehlen, so genannte Indexmietvereinbarungen abzuschließen. Bei denen erhöht sich die Miete automatisch gemäß der Inflationsrate. Das ist für Vermieter und Mieter fair.
Mit tatsächlicher Entlastung bei der Grunderwerbsteuer nicht zu rechnen
Positiv ist es, wenn die Hürden beim Eigentumserwerb durch eigenkapitalersetzende Darlehen gesenkt und Schwellenhaushalte langfristig z.B. mit Tilgungszuschüssen und Zinsverbilligungen beim Eigentumserwerb unterstützt werden. Dass tatsächlich eine Entlastung bei der Grunderwerbsteuer kommt, erscheint dagegen eher zweifelhaft. Die Ampel-Koalitionäre schreiben zwar von „einer flexibleren Gestaltung der Grunderwerbsteuer z.B. durch einen Freibetrag“. Dazu sollen aber die Länder den schwarzen Peter mit einer Ermächtigungsgrundlage erhalten und landesspezifische Regelungen treffen. Bei der bisherigen Blockadehaltung des rheinland-pfälzischen Finanzministeriums ist hier mit keinen echten Erleichterungen zu rechnen.
Eine „gute“ Nachricht ist wenigstens, dass entgegen der Forderungen von SPD und Grünen, die Möglichkeit, im Privatvermögen gehaltene Immobilien nach Ablauf einer 10-jährigen Spekulationsfrist steuerfrei zu veräußern, erhalten bleibt.
Fazit: Haus & Grund setzt auf Dialog mit Bundestagsabgeordneten
Wer den vermietenden Privatpersonen – das sind die Anbieter von zwei Dritteln der Mietwohnungen – keine Angebote unterbreitet, sondern nur dem Parteiproporz geschuldete Politik für Mieter angeht, wird scheitern. Ob das neue Ministerium für Bauen und Wohnen Politik ohne ideologische Grabenkämpfe machen wird, bleibt abzuwarten.
Umso wichtiger wird der Dialog mit Bundestagsabgeordneten werden. Dabei sind aus Rheinland-Pfalz gleich zwei Politikerinnen der Ampel-Parteien an zentraler Stelle für die Wohnungspolitik zuständig: Mit Sandra Weeser, Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Neuwied-Altenkirchen und stellvertretende Landesvorsitzende der FDP in Rheinland-Pfalz, wird der Vorsitz des Ausschusses für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen in rheinland-pfälzischer Hand sein. Darüber hinaus hat die Trierer SPD-Politikerin Verena Hubertz als stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende in der Fraktion den Bereich Wirtschaft, Tourismus, Bauen und Wohnen übernommen.
Unser Autor: Ralf Schönfeld
ist Verbandsdirektor des
Landesverbands Haus
& Grund Rheinland-Pfalz.