Resistenz gegen Fakten: So verhindert die Politik eine höhere Wohneigentums-Quote
Längst ist es amtlich: Wer in den eigenen vier Wänden wohnt, steht im Alter deutlich besser da. Dennoch hinkt Deutschland im europäischen Vergleich bei der Wohneigentums-Quote hinterher. Schuld sind die politischen Rahmenbedingungen, und die müssen dringend geändert werden.
Der Traum vom Eigenheim bleibt für viele unerreicht. Deshalb muss die Politik ihre Verantwortung ernst nehmen und endlich bessere Rahmenbedingungen schaffen, statt sich immer neue Eigentümer-Gängelungen zu überlegen. - Foto: detailblick / fotolia.de
Von Harald Gruber
Alle reden von drohender Altersarmut – wenn es aber um die Förderung von Wohnungseigentum und damit einen der wichtigsten Bausteine für ein finanziell unbeschwertes Leben im Alter geht, herrscht in der Politik weitgehend Funkstille. Dabei liegen die Fakten klar auf der Hand – jedenfalls ebenso klar wie die Aussicht auf das Desaster, das vor uns liegt, wenn nicht bald die Weichen neu gestellt werden.
Auch wenn bundesweit in den vergangenen fünf Jahren etwas mehr Menschen ins eigene Heim gezogen sind: Der Anteil derjenigen, die Wohneigentum selbst nutzen, liegt weiter bei nur rund 45 Prozent – und damit ganz hinten im Vergleich zu allen anderen europäischen Ländern. EU-weit leben nämlich fast 70 Prozent aller Menschen im Eigentum. Besonders alarmierend: Die Eigentumsquote in der für den Wohnungskauf und Hausbau eigentlich typischen Altersgruppe der 29- bis 45-Jährigen ist in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen und liegt derzeit lediglich noch bei 30 Prozent.
Quer durch alle Wirtschaftsverbände und Forschungsinstitute haben die Experten vor allem die aktuellen politischen Rahmenbedingungen als Ursache dieser gefährlichen Entwicklung ausgemacht: angefangen beim Mietrecht, dass immer mehr einer sozialromantischen Verhätschelung als dem Bemühen um fairen Ausgleich der Interessen dient, bis hin zu einer völlig überzogenen Regelungswut im Baurecht oder beim Energiesparen.
Nicht zu Unrecht hat jetzt ja auch Haus & Grund das von Bundesbauministerin Barbara Hendricks mit viel pressewirksamem Getöse angekündigte „Bündnis für bezahlbares Wohnen“ wieder verlassen, nachdem sich die SPD-Frau mit immer neuen Ideen für abstruse Gängelungsvorschriften in die Schlagzeilen drängte.
Eine erfolgreiche Wohnungsbaupolitik braucht langfristige Stabilität und Planbarkeit. Stattdessen aber fahren Bund und Länder seit Jahren einen Schlingerkurs, den viele Experten mittlerweile als „Crash mit Ansage“ bezeichnen.
Wieder eine Förderung, die auch wirklich hilft!
Früher gab es beim Kauf von Wohneigentum Sonderabschreibungsmöglichkeiten, später kam die Eigenheimzulage, bis dann 2006 alles abgeschafft wurde. Heute lobt sich der Bund mit vermeintlich verbilligten KfW-Zinsen für junge Familien.
Rekord-Einnahmen bei der Grunderwerbsteuer |
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Eigentlich spricht diese Grafik für sich: als Dokument von Gier und Scheinheiligkeit, mit der sich Bund und Länder beim Thema Wohneigentumsförderung umgeben. „Eigentlich“ deshalb, weil es noch ein weiteres Ärgernis gibt: Grunderwerbsteuer zahlen nämlich fast ausschließlich private Eigentümer und kleine Mittelständler. Großinvestoren nutzen dagegen mit so genannten „shared deals“ eine Lücke im Gesetz und zahlen keinen Cent. Obwohl diese schreiende Ungerechtigkeit seit Jahren bekannt ist und dem Staat so jährlich Milliarden entgehen, können sich Bund und Länder nicht auf eine Lösung einigen. |
Da die Hypotheken auf dem freien Markt aber sowieso schon fast für lau zu haben sind, ist das kaum mehr als ein Feigenblatt. Hinzu kommt in jedem Bundesland ein Förderdschungel, den kaum noch ein Laie durchschaut, der am Ende für die meisten Bauwilligen mit mittlerem Einkommen aber überwiegend Enttäuschungen bereithält.
Angesichts der gesellschaftlichen Notwendigkeit einer deutlichen Steigerung der Wohneigentumsquote in Deutschland ist deshalb eine neue Wohneigentumsförderung überfällig. Dazu gehört die deutliche Ausweitung der bestehenden Förderprogramme speziell für junge Familien und Haushalte mit mittleren und unteren Einkommen. Gleichzeitig sollten alle Bundesländer für den Erwerb von selbstgenutztem Wohnraum die Grunderwerbsteuer deutlich absenken oder, noch besser, komplett erlassen.
Und um die Ballungszentren zu entlasten, sollte endlich mehr in die Infrastruktur im Umland investiert werden. Ganz vorne auf der Liste steht hier ein moderner Öffentlicher Nahverkehr, der Stadt und Land besser miteinander verbindet. Das nämlich steigert dann auch wieder die Attraktivität des von Schrumpfung bedrohten Umlandes, wo Bauen noch vergleichsweise günstig und die Bildung von Wohneigentum für viele überhaupt nur noch möglich ist.
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