Klimaschutz und bezahlbarer Wohnraum: Fakten versus Ideologie? Wir klären auf!
Immobilieneigentümer leisten bereits jetzt viele wertvolle Beiträge für das Klima. Aber Maßnahmen wie etwa ein Mietendeckel könnten weitere Investitionen und damit auch Klimaschutz verhindern. Was dagegen fehlt, ist die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung.
Foto: Ingo Bartussek / AdobeStock
Von Verbandsdirektor
RA Ralf Schönfeld
Der Ruf, in Deutschland schnell zusätzlichen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ist unverändert laut. Gleichzeitig wird die politische Debatte vom Thema „Klimaschutz“ dominiert.
Bezahlbares Wohnen, die Schaffung zusätzlichen Wohnraums und das ökologische Wohnen sind ein wichtiger Handlungsschwerpunkt der Koalition, so die Bundesregierung. Bis Ende August hat die Koalition dazu nun ein Gesetzespaket angekündigt, bei dem der Klimaschutz eine entscheidende Rolle spielen soll.
Wohngebäude: Zahlen und Fakten zum Klimaschutz
Werfen wir zunächst einen Blick auf die nüchternen Zahlen. Die neuesten Daten des Statischen Bundesamts belegen das große Engagement der Immobilieneigentümer für den Klimaschutz.
Danach werden 66,6% der im Jahr 2018 neu errichteten Wohngebäude mit erneuerbaren Energien beheizt. In fast der Hälfte (47,2%) der insgesamt 107.200 neuen Wohngebäude waren erneuerbare Energien die primäre, also die überwiegend eingesetzte Energiequelle.
Damit haben die erneuerbaren Energien erstmals Gas von Platz 1 bei den primären Energiequellen für das Heizen verdrängt. Gas wurde 2018 nur noch in 43,0% der Wohnungsneubauten als primäre Energiequelle eingesetzt.
2017 hatte der Anteil von Gas noch 47,4% betragen, gefolgt von den erneuerbaren Energien mit 43,3%. Die übrigen Energiequellen (unter anderem Fernwärme, Öl und Strom) erreichten 2018 zusammen 9,8% (2017: 9,3%).
Werden Wohnungsneubauten primär mit erneuerbaren Energien beheizt, so geschieht dies vor allem mit Umweltthermieanlagen (71,1%), die Wärme aus der Luft oder dem Wasser entziehen, oder Geothermieanlagen (16,1%), die Wärme im Erdinnern nutzen.
Wird in neuen Wohngebäuden eine sekundäre Energiequelle eingesetzt, werden bevorzugt die erneuerbaren Energieträger Solarthermie (15,1%) und Holz (14,7%) genutzt.
Gebäudeenergiegesetz in der Diskussion
Die Diskussionen über das Gebäudeenergiegesetz (GEG) dauern nun schon Jahre. Jetzt liegt ein Referentenentwurf vor.
Dabei ist es zwar zu begrüßen, dass beim Gebäudeenergiegesetz etwas passiert, vor allem die Zusammenlegung von Energieeinspargesetz (EnEG), Energieeinsparverordnung (EnEV) und Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) beabsichtigt sind.
Dies bietet die Möglichkeit, eine Erleichterung und Entbürokratisierung für die Immobilienwirtschaft zu schaffen und gleichzeitig das unkoordinierte Nebeneinander mehrerer Regelwerke zu beenden.
Dabei darf die Politik aber nicht wieder in alte Muster verfallen, dass eine Verschärfung der Energieeffizienzanforderungen im Neubau und/oder im Bestand der richtige Weg sei. Natürlich spielt auch die Wirtschaftlichkeit eine große Rolle für die Haus- und Grundeigentümer.
Neben Planungssicherheit ist ebenso ein angemessenes Verhältnis zwischen Energieeinsparung auf der einen Seite und steigenden Baukosten auf der anderen Seite wichtig.
Eines ist klar: Wohnen muss bezahlbar bleiben. Das muss neben dem Klimaschutz ein gleichwertiges Ziel sein. Deshalb fordert Haus & Grund, nur solche Maßnahmen umzusetzen, die beides sicherstellen.
Der heterogene Gebäudebestand sowie die Lebenssituation der Eigentümer und Mieter erfordern eine individuelle und unabhängige Beratung. Im Ergebnis einer solchen Beratung sollte ein individueller Sanierungsfahrplan stehen, der sinnvolle Modernisierungsmaßnahmen und die Möglichkeit zu deren schrittweisen Umsetzung enthält.
Dieser darf aber nicht allein auf das Gebäude abzielen, sondern muss auch die individuellen Bedürfnisse und Möglichkeiten der Eigentümer sowie die zukünftige Nutzung berücksichtigen.
Haus & Grund fordert Gesetz für Mieterstrom
Ein wichtiger Baustein für Klimaschutz beim Wohnen ist die wirksame Stärkung des Themas Mieterstrom. Haus & Grund schlägt deshalb ein Gesetz zur Einführung von Mieterstrom vor sowie eine Gebäudeenergiekostenverordnung, die nicht nur die Verteilung der Kosten der Wärme und des Warmwassers, sondern auch die Verteilung der Kosten des im Gebäude erzeugten Stroms regelt.
Der Einsatz effizienter oder erneuerbarer Energietechnik im Wohngebäudebereich ließe sich deutlich erhöhen, wenn Strom aus einem BHKW oder einer Fotovoltaik-Anlage unbürokratisch an die Mieter weitergegeben werden könnte. Hierzu bietet es sich an, die Kosten des Stroms – vergleichbar der Wärme – als Betriebskosten abzurechnen.
Damit würde sich nicht nur der Anreiz bei den Eigentümern, sondern auch für Energiedienstleister erhöhen, Investitionen in effiziente oder erneuerbare Technik im bisher unrentablen Markt bestehender Mehrfamilienhäuser vorzunehmen.
Für die Mieter bedeutet dies, dass sie den Eigenversorgern gleichgestellt werden und von einem günstigen Strompreis profitieren. Um Klimaschutz und bezahlbare Wohnkosten in Einklang zu bringen, bedarf es nur kleiner gesetzgeberischer Anpassungen.
Gebäudemodernisierungen endlich steuerlich fördern
Bundesbauminister Horst Seehofer forderte erneut öffentlich als Beitrag zum Klimaschutz einen Steuervorteil für die energetische Gebäudesanierung. Die Kosten für die Absetzbarkeit der energetischen Gebäudesanierung würden eine Milliarde Euro pro Jahr betragen.
Einen solchen Steuervorteil haben Union und SPD bereits im Koalitionsvertrag vereinbart, umgesetzt wurde das Vorhaben bisher aber nicht.
Der Bund und die Länder sind aufgefordert, sich zügig auf eine steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung zu einigen. Seit Jahren wird diese Maßnahme von allen Parteien und allen politischen Ebenen gefordert, aber passiert ist bisher gar nichts.
Haus & Grund schlägt eine Ergänzung des Einkommensteuergesetzes vor. Danach sollten energetische Modernisierungsmaßnahmen im Gebäudebestand im Jahr der Herstellung und in den folgenden sieben Jahren mit jeweils bis zu 9 Prozent und in den darauffolgenden vier Jahren mit jeweils bis zu 7 Prozent der Herstellungskosten abgesetzt werden können.
Die privaten Haus- und Wohnungseigentümer haben in den vergangenen Jahren viel in die energetische Modernisierung investiert – ganz überwiegend ohne öffentliche Gelder. Eine ergänzende steuerliche Förderung ist eine notwendige Voraussetzung für weitere Investitionen und somit weitere Kohlendioxidreduktionen im Gebäudebestand.
Mietendeckel verhindert weiteren Klimaschutz
Bundesweit gibt es inzwischen Forderungen nach einem so genannten „Mietendeckel“, der Mieterhöhungen komplett verbieten soll. Ein solcher Mietendeckel wäre nicht nur verfassungswidrig, sondern er verhindert Klimaschutz.
Mietendeckel jeglicher Art verhindern Investitionen. Wer Herausforderungen wie den Klimaschutz und den demografischen Wandel ernst nimmt, muss Investitionen in Gebäude fördern, nicht unterbinden. Ökonomische Freiheit ist unerlässlich – Mietendeckel sind das Gegenteil.
Mietendeckel können dazu führen, dass der Mietwohnungsmarkt komplett zusammenbricht. Auch in Spanien wurden Mieten reguliert. Dort werden immer mehr Mietwohnungen in selbstgenutzte Eigentumswohnungen umgewandelt. Mieter, die sich kein Eigentum leisten können, stehen im Regen.
Eigentümern, die mit spitzem Bleistift gerechnet und sich mit harter Arbeit Mietshäuser als Altersvorsorge erarbeitet haben, wird die Existenz im Rentenalter zerstört. Zusätzlich werden mit Vernunft wirtschaftende Vermieter durch Bußgeldvorschriften kriminalisiert.
Haus & Grund wird sich daher in der politischen Diskussion mit der Landesregierung in Rheinland-Pfalz nicht nur dafür einsetzen, dass in Rheinland-Pfalz ein Mietendeckel verhindert wird.
Zudem appellieren wir an die Landesregierung, sich auch in Berlin dafür einzusetzen, dass beim Thema Klimaschutz und bezahlbares Wohnen mit sachlicher Vernunft statt mit parteipolitischer Ideologie gehandelt wird.
Unser Autor: Ralf Schönfeld
ist Verbandsdirektor des
Landesverbands Haus
& Grund Rheinland-Pfalz.