Durch Weisheit wird ein Haus gebaut und durch Verstand erhalten*

*Quelle: Altes Testament. Die Sprüche Salomos - Kapitel 24 - Vers 3

Eine Immobilie ist immer auch eine Vertrauenssache. Zum einen Vertrauen in die eigene Stärke, diese erwerben und erhalten zu können. Zum anderen aber auch Vertrauen in verlässliche staatliche Rahmenbedingungen zum Erhalt dieser Stärke. Letzteres gerät gerade gehörig ins Wanken.

 Symbolbild RichtfestFoto: DanBu.Berlin / Adobe Stock

Von Verbandsdirektor RA Ralf Schönfeld

Das ständige Hin und Her der Politik ausgerechnet bei solch einer Lebensentscheidung wie dem Bau eines Hauses ist für das Ziel des bezahlbaren Wohnens verheerend. Klar ist: In Deutschland und Europa ist derzeit vieles im Umbruch. Die Bundesregierung will „mehr Fortschritt wagen“ und mit grundlegenden Veränderungen auf die Klimakrise reagieren. Doch dabei sind noch viele Fragen offen: Wer trägt die höheren CO₂-Preise? Wo werden die Windräder, mit denen die Energiewende geschafft werden soll, gebaut? Wie sieht eine Klimapolitik aus, die soziale Ungerechtigkeiten in Deutschland vermeidet? Wie sieht eine soziale Wohnungs- und Klimapolitik aus, die gleichwertige Lebensverhältnisse nicht nur in der Stadt, sondern auch auf dem Land berücksichtigt?

KfW-Förderchaos exemplarisch für Verlust politischen Vertrauens

Mit dem öffentlichkeitswirksamen Stopp der KfW-Förderung für energieeffiziente Häuser wird die Modernisierung des Gebäudebestandes massiv ausgebremst. Investitionen in den Klimaschutz werden eingestellt, solange die Rahmenbedingungen unklar sind. Dass Fördertöpfe leer werden können, steht außer Frage. Die zeitweise ausgelaufenen Förderungen für Wall-Boxen oder für den Einbruchschutz sind Beispiele dafür.

Die Erklärung des Grünen-Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck zum vorzeitigen Stopp der KfW-Neubauförderung mag in der Sache deshalb auch nachvollziehbar sein. Aber in der Art und Weise produziert sie Probleme. Das Debakel um den plötzlichen Förderstopp für energieeffizientes Bauen hat viel Vertrauen verspielt und dem Klimaschutz-Schwung einen Bärendienst erwiesen. Im Rahmen des bewährten Schwarzer-Peter-Spiels wird der schwarz-roten Vorgängerregierung eine „massive klimapolitische und fiskalische Fehlsteuerung“ vorgeworfen, da aktuell „das Falsche“ gefördert werde.

In einem Schreiben an die Mitglieder der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat Minister Habeck Anfang Februar erklärt, dass „für die Zukunft ab dem Jahr 2023 die Gebäudeförderung auch für den Neubau neu ausgerichtet werden“ soll. Ziel sei eine klimapolitisch ambitionierte, ganzheitlich orientierte Förderung für neue Gebäude. Dazu soll es ein neues Programm „Klimafreundliches Bauen“ geben. Außerdem soll das BEG im Laufe des Jahres 2022 im Hinblick auf die Sanierungsförderung überarbeitet werden. Weitere staatliche Eingriffe werden von Minister Habeck auch gleich angekündigt: „Für eine erfolgreiche Wärmewende benötigen wir neben Fördermaßnahmen natürlich auch ordnungspolitische Mittel. Ziel der Bundesregierung ist es daher, EH55 als Standard zum 1. Januar 2023 ins Gebäudeenergiegesetz einzuführen.

Entgegen der Faktenlage wird gegen „Mietwucher“ gekämpft

Die Lust zu immer mehr staatlichen Eingriffen zeigt sich auch im Bereich der Mietenentwicklung. Im Januar sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes die Energiepreise für private Haushalte im Vergleich zum Vorjahresmonat um 20,5 Prozent gestiegen. Damit steigen auch die Kosten des Wohnens für Selbstnutzer und Mieter beunruhigend rasant. Das Statistische Bundesamt gab ebenso bekannt, dass die Nettokaltmieten in Deutschland im Januar um 1,4 Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahresmonat gestiegen sind. Das ist der gleiche Wert wie in den drei vorangegangenen Monaten. Den oft von interessierten Kreisen beschworenen Mietenwahnsinn gibt es demnach nicht.

Ungeachtet solcher Fakten sieht der Koalitionsvertrag des Bundes eine Absenkung der so genannten Kappungsgrenze in angespannten Wohnungsmärkten von 15% auf 11% vor. Bei einer jährlichen Inflationsrate von 5% bedeutet dies, dass die Mieten noch nicht einmal im Rahmen des allgemeinen Kaufkraftausgleichs angepasst werden dürften.

Zusätzlich gibt es eine ungewöhnliche Allianz der Länder Bayern, NRW, Hamburg, Berlin und Brandenburg, die das Ziel hat, höhere Bußgelder für Mietwucher einzuführen und zugleich die Beweislast für das Vorliegen von Mietwucher massiv abzusenken. Laut dem Gesetzentwurf würde es künftig ausreichen, dass die vereinbarte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um 20 Prozent übersteigt und das Angebot an günstigerem Wohnraum gering ist. Der Nachweis der Mieterinnen und Mieter, dass sie sich vergeblich um eine günstigere Wohnung bemüht haben und der Vermieter diese Zwangslage ausgenutzt hat, würde entfallen.

„Anmaßung von Wissen“ zu Lasten privater Eigentümer

Leider zeigt sich ein zunehmender Drang von Politikern und Bürokraten, möglichst viele Branchen durchzuplanen. Die Folgen sind fatal und sorgen für Frustration. Der Irrglaube, dass Staatsplaner wirtschaftliche Probleme besser in den Griff bekommen als Angebot und Nachfrage, ist nicht totzukriegen. Dem Staat und den Parteien bietet der Klimaschutz stattdessen ein weites Feld für Eingriffe zur Behebung vermeintlicher Defizite. Für das private Immobilieneigentum gibt es dabei nicht nur im Bereich der Mietenregulierung, sondern gerade beim Klimaschutz viele offene Baustellen: Energetische Sanierungen, steigender CO₂-Preis für Erdgas und Heizöl, eine künftige Pflicht zur emissionsarmen Heizung wie der Wärmepumpe, Solardachpflicht usw., wobei sich bei vielen Pflichten deren Auswirkung auf das Klima erst noch zeigen muss. Bei den andauernden staatlichen Vorgaben steigen die Sorgen der Hauseigentümer, mit den Kosten der Energiewende alleingelassen zu werden.

Die Sorge um diese zunehmende Planwirtschaft ist aktueller denn je und wird dadurch bestätigt, dass die EU-Kommission nach der Taxonomie-Debatte zum Thema Nachhaltigkeit mit dem grünen Atomstrom jetzt mit der nächsten Idee kommt. Ging es im ersten Teil darum, zwischen nachhaltigen und nicht-nachhaltigen Formen der Energiegewinnung zu unterscheiden, geht es jetzt darum, zwischen sozial nützlichen und sozial unnützen Unternehmen zu unterscheiden. Man möchte sich nicht vorstellen, was passiert, wenn Politiker und Beamte glauben, die Mieten, die für eine Wohnung aufgerufen werden, sollten niedriger sein, damit ein Vermieter nicht als unsozial eingestuft wird. Die Grünen und die SPD haben sich bereits begeistert gezeigt von solchen Ideen.

Feiert die Planwirtschaft bald ihre Wiederauferstehung in Brüssel?

Wenn diese Ideen Wirklichkeit werden, feiert die Planwirtschaft in Brüssel ihre Wiederauferstehung. Was „gesellschaftlichen Nutzen“ stiftet und was „sozial schädlich“ ist, darf nicht einseitig von Politikern bestimmt werden, sondern muss dem Markt überlassen werden. Dadurch, dass man nun nicht mehr von „Sozialismus“, sondern von „sozialer Taxonomie“ spricht, wird dieses Gedankengut nicht besser.

Fazit: Weniger „Staat“ ist die bessere Lösung

Bei den Fragen eines klimagerechten und sozialen Wohnungsbaus braucht es statt zeitlicher Hängepartien klare und verlässliche Rahmenbedingungen für alle Akteure. Je länger es hier Unsicherheiten gibt, desto mehr Vertrauen wird tatsächlich verspielt. Um dem entgegenzuwirken, muss Haus & Grund bei der weiteren Ausgestaltung der Förderung intensiv mit einbezogen werden.

Für zukünftige Maßnahmen zeigt ausgerechnet eine Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung, welcher Fehler beim Klimaschutz vermieden werden muss. Danach empfinden gerade in ländlichen und strukturschwachen Regionen viele Menschen die aktuelle Klimapolitik als eine Bedrohung. Die Studie fasst die Realität erfreulich treffend zusammen: „Solange die grundlegenden Lebensbedürfnisse in diesen Regionen nicht gesichert sind, erscheinen Klima-  und Umweltschutz zweitrangig.“ Danach haben die meisten Menschen ganz konkrete Wünsche, etwa die Stärkung der öffentlichen Infrastruktur oder dass Kultur- und Freizeitangebote in ihrem Ort wieder belebt werden.

Daher bleibt zum Ende der fromme Wunsch, dass Weisheit und Verstand trotz aller Klimaschutzträume von Aktivisten und Parteipolitikern noch nicht verloren sind. Denn eine bekannte Bismarcksche Maxime hat heute noch ihre Gültigkeit: „Politik ist die Kunst des Möglichen.“ Interessant ist, was bereits 1965 der damalige SPD-Vorsitzende Willy Brandt hierzu in einem Artikel in „DIE WELT“ geschrieben hat: Diese Maxime sei „zu oft mit dem Munde nachvollzogen und zu wenig mit Verstand befolgt worden. Denn sie bedeutet, dass […] es weder Kunst noch Politik ist, im Wunschdenken befangen zu bleiben.“ 

 

Unser Autor: der Landesverbandsdirektor Ralf Schönfeld

Unser Autor: Ralf Schönfeld 
ist Verbandsdirektor des 
Landesverbands Haus 
& Grund Rheinland-Pfalz.

 

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