Berliner „Wohnungsbau-Offensive“ bringt privaten Eigentümern wenig

„Deutschland plant gewaltige Immobilien-Offensive“: Schlagzeilen wie diese begleiteten den Zehn-Punkte-Plan von Bundesbauministerin Hendricks (SPD) zur Linderung der Wohnungsnot vor allem in Ballungszentren, der jetzt vom Kabinett abgesegnet wurde. Private Eigentümer und Vermieter sollten sich jedoch nicht zu viel Hilfe versprechen.


Welchen Nutzen hat die jetzt beschlossene „Wohnungsbau-Offensive“ für das Volk hierzulande? Das bleibt bei genauerer Betrachtung des Zehn-Punkte-Plans der Bundesregierung durchaus fragwürdig. - Foto: Harald Gruber

Von Harald Gruber

So viel gleich vorneweg, weil es in den Medien leider unterging: Für viele Fragen rund um den Bau von Wohnungen ist der Bund gar nicht zuständig, sondern die Privatwirtschaft bzw. die jeweiligen Bundesländer, Landkreise, Städte und Gemeinden. Die jetzt in Berlin verkündete „Wohnungsbau-Offensive“ ist also an vielen Stellen nichts anderes als eine Liste an Empfehlungen – kritische Stimmen könnten auch sagen: viel heiße Luft. Dennoch sollte die mögliche Tragweite des Papiers nicht unterschätzt werden.

Denn: Bundesbauministerin Barbara Hendricks setzt bei der Umsetzung auf ein „Bündnis für bezahlbares Bauen und Wohnen“. Darin haben sich laut Selbstdarstellung des SPD-geführten Ministeriums „Bund, Länder, Kommunen, Wohnungs- und Bauwirtschaft, der Deutsche Mieterbund, Gewerkschaften sowie weitere gesellschaftlich relevante Akteure zusammengetan, um die Herausforderungen am Wohnungsmarkt zu bewältigen“.

Haus & Grund hält die Fahne der privaten Eigentümer hoch

Obwohl (warum auch immer?) nicht namentlich genannt: Auch Haus & Grund Deutschland ist diesem Gremium beigetreten, um angesichts der (kaum zufällig gewählten) Übermacht an politisch wie wirtschaftlich einseitig motivierten Akteuren wo immer möglich auch die berechtigten Anliegen privater Eigentümer und Vermieter nicht gänzlich in Vergessenheit geraten zu lassen.

Dass die Lage auf dem Wohnungsmarkt bundesweit vor allem in vielen Ballungszentren mittlerweile dramatisch ist, wissen die mit der Praxis vertrauten Fachleute (und die aufmerksamen Leser unseres Haus & Grund Mitgliedermagazins – siehe Titelthema unserer März-Ausgabe) längst. Alle anderen mögen die folgenden Zahlen überzeugen: In diesem Jahr rechnet die Bundesbauverwaltung mit dem Neubau von 275.000 Wohnungen. Bis zu 400.000 bräuchte es aber, um die Nachfrage durch den Zuzug in die Ballungsgebiete zu decken.

Dabei geht es auch, aber nicht nur um Wohnraum für Flüchtlinge, die offiziell als Asylbewerber anerkannt sind und folglich zumindest für längere Zeit bei uns leben, arbeiten und lernen werden. Ministerin Hendricks hatte hierzu mehrfach betont, ihre „Wohnungsbau-Offensive“ solle nicht nur Flüchtlingen zu Gute kommen, sondern auch deutschen jungen Familien, in ihrer Mobilität eingeschränkten Senioren sowie sozial schwachen Alleinstehenden jeden Alters, die sich die Mieten in magnetisch wirkenden Wirtschaftsregionen bzw. Stadtvierteln nicht mehr leisten können.

Milliarden für Sozialwohnungen: Verschwendung vorprogrammiert

Nicht zuletzt mit diesen Argumenten will die SPD-Bauministerin bei CDU-Finanzminister Schäuble ab 2017 und dann bis auf weiteres jährlich rund 1,3 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau lockermachen – zusätzlich zu den zwei Milliarden, die für die nächsten vier Jahre bereits beschlossene Sache sind. Gerade so, als ob sich in den letzten Jahrzehnten der öffentliche Sozialwohnungsbau nicht längst als gigantische Fehlinvestition und Verschwendung von Steuergeldern erwiesen hätte, applaudieren hier vor allem die üblichen Verdächtigen wie kommunale Wohnungsbauträger, Mieterbund und Gewerkschaften, während der große Rest der privaten Immobilienwirtschaft skeptisch bis ablehnend reagiert. Das letzte Wort hierzu wird während der kommenden Haushaltsverhandlungen gesprochen.

Auch bei dem jetzt vom Kabinett abgesegneten Zehn-Punkte-Plan von Bauministerin Hendricks ist durchaus fraglich, wem was wieviel nützt, so es denn tatsächlich in die Tat umgesetzt wird. So sollen einerseits die Baukosten sinken, indem bestehende Bauvorschriften gelockert werden, wenn es um Stellplätze oder Lärmschutz an vielbefahrenen Straßen geht. Hier möchte der Bund durch eine einheitliche Muster-Bauordnung die unterschiedlichen Regelwerke der Länder ersetzt sehen. Andererseits aber soll die Energieeinsparverordnung, die nachweislich für die höchsten Baukostensteigerungen in den letzten Jahren verantwortlich ist, tendenziell eher weiter verschärft werden.

Und wer sich die Wohnsilos aus den 1970er Jahren im Westen bzw. die Plattenbausiedlungen im Osten vor Augen führt, der kann nur Allerschlimmstes erahnen, wenn unsere Bundesbauministerin für die Zukunft den „seriellen Wohnungsbau“ in höchsten Tönen lobt, um möglichst billige Wohneinheiten (bzw. möglichst einheitliche Billigwohnungen) hochzuziehen. Immerhin soll ein Architekturwettbewerb zum seriellen Bauen ausgelobt werden, um der aus Berlin verordneten Verödung unserer Städte noch ein paar Feigenblätter zu verpassen.

Dazu passen die Hendricks-Pläne für eine Gesetzesänderung, die eine „Nachverdichtung“ bestehender Wohnsiedlungen erleichtern und die wenigen verbliebenen Grünflächen zwischen den Wohnmaschinen zu unnützem Luxus deklarieren würden.

Ein weiterer Vorschlag aus dem Ministerium: Bestehende Gebäude sollen da, wo es „technisch und optisch kein Problem“ ist, in die Höhe wachsen. Schöne Idee, nur wirft sie jede Menge Fragen auf. Nur ein Beispiel: Was passiert mit dem Mieter einer Dachgeschosswohnung, wenn das Haus aufgestockt werden soll?

Verzweifelter Appell ersetzt keine Einsicht

Fast schon verzweifelt klingt da der letzte Punkt des mit großem Mediengetöse vorgestellten Programms zur Schaffung von mehr Wohnraum im Land: Hier appelliert mit der Bauministerin nun das gesamte Regierungskabinett „an die Bevölkerung, gemeinsam für mehr Akzeptanz für Neubauvorhaben zu werben“. Von einer Abschaffung der Mietpreisbremse oder einer Lockerung des Mietrechts als mit Abstand größtem Abschreckungsfaktor für Investoren im Bereich Wohnungsneubau war bei all dem jedoch leider nicht die Rede.

Welchen Nutzen hat die jetzt beschlossene „Wohnungsbau-Offensive“ für das Volk hierzulande? Das bleibt bei genauerer Betrachtung des Zehn-Punkte-Plans der Bundesregierung durchaus fragwürdig.

Lesen Sie dazu weiter:
Sonderabschreibung für den Mietwohnungsbau:
Regierung betreibt "bloßen Aktionismus"

Interview mit Haus & Grund Präsident Dr. Rolf Kornemann

Zurück

Cookie-Hinweis

Diese Website nutzt Cookies, um Ihnen die bestmögliche Nutzererfahrung zu ermöglichen. Wenn Sie nachfolgend zustimmen, werden alle Einstellungen aktiviert.

Cookie-Einstellungen