Belegbare Fakten statt Panik machender Mär vom unbezahlbaren Wohnraum

Kaum ein größeres sozialpolitisches Thema sorgt bei Medien und Politik derzeit so öffentlichkeitswirksam für Panik wie das vom vermeintlich „unbezahlbar“ gewordenen Wohnraum. Wer sich die Zahlen und Fakten jedoch genauer anschaut, kommt zu einem ganz anderen Bild.

Ein übles Klischee: Der gierige Vermieter, der sich auf Kosten seiner Mieter unverschämt bereichert. Die Gründe für steigende Wohnkosten liegen meist anderswo.Ein übles Klischee: Der gierige Vermieter, der sich auf Kosten seiner Mieter unverschämt bereichert. Die Gründe für steigende Wohnkosten liegen meist anderswo. - Foto: Tom Bayer / Adobe Stock

 

Große Buchstaben künden von katastrophalen Zuständen: „Wohnraum immer teurer – Mieter dürfen gemolken werden“ Oder gar: „Arm durch Wohnen – Raubzug der Immobilienwirtschaft“.

Es sind nur zwei Schlagzeilen von vielen, die einen Meinungstrend widerspiegeln, der aus leicht durchschaubaren Gründen derzeit von Mieterbund, Gewerkschaften, SPD und Linken – ja selbst von Teilen einer sozialdemokratisierten CDU – in die Öffentlichkeit getragen wird.

Den Einen geht es um mehr Mitglieder („Wir sind die einzigen, die all die bösen Vermieter in Schach halten können!“), den Anderen um die Begrenzung des Verlusts an Wählerstimmen („Seht her: Wir kümmern uns doch um eure Sorgen!“).

Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft belegt: Löhne und Gehälter steigen oft schneller als Mieten

Deutschlandweit sind in den letzten Jahren nicht nur die Mieten und Preise für Wohnungen stark gestiegen, sondern auch der Arbeitsmarkt hat sich dynamisch entwickelt. Daher treffen höhere Wohnkosten vielfach auch auf höhere Löhne.

In einer umfassenden Studie hat jetzt das Deutsche Institut der Wirtschaft in Köln diese beiden Entwicklungen quasi übereinandergelegt – mit einem für viele höchst erstaunlichen Ergebnis: In über 60 % aller Landkreise in Deutschland sind in letzter Zeit die Löhne schneller gestiegen als die Mieten.

Anders ausgedrückt: Im Großen und Ganzen ist Wohnraum in den meisten Regionen für Facharbeiter, Handwerker, Angestellte und Beamte heute erschwinglicher als noch vor einigen Jahren.

Selbst in einigen Großstädten wie Hamburg oder Frankfurt am Main hat die so genannte „Erschwinglichkeit von Wohnraum“ etwas zugenommen.

In der Politikerhauptstadt Berlin und vor allem im heiß begehrten München ist sie dagegen zurückgegangen.

Den Unterschied zwischen „Schwarmstädten“ und dem flachen Land belegen auch folgende Zahlen: In Städten wie beispielsweise Pirmasens oder Zweibrücken können Arbeitnehmer bei einem Ausgabenanteil für Wohnraum von 26 Prozent am Nettolohn Wohnungen mit einer Größe von über 100 Quadratmeter mieten, während in München und den umliegenden Kreisen bei gleicher relativer Belastung die Wohnungsgröße deutlich unter 50 Quadratmetern liegt.

Beim Kauf oder Neubau von Wohneigentum sind zwar die Preise stärker gestiegen als die Löhne und Gehälter.

Dank der noch immer niedrigen Zinsen können sich Bauherren und Käufer bei gleichem Ausgabenniveau für Zins und Tilgung wie für die Miete im Durchschnitt heute dennoch größere Wohnungen leisten.

Diese Entwicklung dürfte sich jedoch künftig aufgrund der steil steigenden Immobilienpreise kaum weiter fortsetzen.

 

Doch was ist wirklich dran an der gebetsmühlenhaft wiederholten Behauptung, die Menschen in Deutschland könnten sich die Mieten nicht mehr leisten – entweder schon jetzt oder doch zumindest in absehbarer Zeit, sofern der Gesetzgeber nicht endlich mit einschneidenden Zwangsmaßnahmen gegen die ach so bösen Vermieter vorgeht?

Lassen wir die Fakten sprechen – auch wenn es etwas Mühe macht, mit belegbaren Tatsachen gegen den Panik machenden Meinungsstrom zu schwimmen.

Nun, zunächst einmal ist es keine Frage: In der Tat sind in den letzten Jahren die Kosten fürs Wohnen deutlich angestiegen – sowohl flächendeckend, aber vor allem in den besonders beliebten Ballungszentren und Universitätsstädten. Doch es macht durchaus Sinn, sich die Gründe für diese Entwicklung einmal genauer anzusehen.

Nachholbedarf nach jahrzehntelangen Verlusten

Zunächst einmal muss gesagt werden: Eine signifikante Erhöhung der Kaltmieten war längst überfällig. Denn seit den 1990er Jahren blieben in Deutschland die Mietpreis-Entwicklungen deutlich hinter der Inflationsrate zurück. Dabei lagen die Erträge aus Vermietung lange Jahre ohnehin weit unterhalb der Rendite von Investitionen am Kapitalmarkt.

Im Vergleich zur Entwicklung der Kaufkraft erlitten Vermieter zum Teil sogar massive Verluste. Selbst mit den Lohnsteigerungen hielten die wenigen Mieterhöhungen kaum mit – ein Aspekt, auf den wir im Extra-Kasten auf der gegenüberliegenden Seite noch einmal ausführlich eingehen werden.

Betriebskosten gingen geradezu durch die Decke

Wenn wir von „Wohnkosten“ reden, dann reden wir dabei stets über die Gesamtbelastung der Mieter, also Wohnungs-Kaltmiete plus Betriebskosten. Gerade Letztere aber explodierten geradezu in den vergangenen Jahren. Schuld daran? Keinesfalls die Vermieter, sondern Bund, Länder und Gemeinden.

Egal ob Wasser, Abwasser, Müll, Straßenreinigung, Grundsteuer oder „dank“ missratener Energiewende völlig aus dem Ruder gelaufene Kosten für Strom, Gas und Heizöl: Erst wurden die Vermieter als bequeme Zwangs-Eintreiber für Steuern und Gebühren missbraucht, jetzt sollen sie auch noch als Sündenbock für „unbezahlbares Wohnen“ herhalten.

Private Bestandsmieten von Steigerungen kaum betroffen

Mit dem Thema Mietanpassungen gehen vor allem private Vermieter überaus zurückhaltend um – und die sind nun mal in Deutschland die mit Abstand wichtigsten Anbieter am Wohnungsmarkt. Wie seit vielen Jahren die Erhebungen der Eigentümerschutz-Gemeinschaft Haus & Grund belegen, erhöhen Privatvermieter während eines laufenden Mietverhältnisses nur äußerst selten die Mieten.

Klar – und nur recht und billig: Wenn dann mal ein Mieterwechsel ansteht, dann wird die Gelegenheit für Preisanpassungen dafür entsprechend konsequent genutzt.

Nicht zuletzt deshalb sind die aktuellen Gängelungsgesetze der Bundesregierung rund um die Mietpreisbremse ja auch so ungerecht: Jene privaten Vermieter, die gegenüber ihren Bestandsmietern Fairness und soziale Verantwortung beweisen, werden künftig doppelt bestraft.

Millionen Mieter übrigens letztlich auch: Denn wenn ich künftig bei einer Neuvermietung die Miete gegenüber dem Vormieter kaum noch erhöhen darf, dann werde ich schon jetzt versuchen, möglichst viel herauszuholen – schon allein, um „Luft“ beim Nachmieter zu haben.

Gewissenloses Vorgehen der Immobilien-Giganten

Ganz anders als private Vermieter, die oft den Aufwand zur Durchsetzung einer Mieterhöhung (und erst recht eine schlechte Stimmung im Treppenhaus) fürchten, gehen die großen internationalen Wohnungskonzerne vor.

Sie haben in den letzten Jahren Deutschland als Schnäppchenmarkt entdeckt und dankbar all die kommunalen Wohnungsbestände aufgekauft, die dem Staat heute für ein ausgleichendes Gegensteuern fehlen.

Wer hätte es gedacht? Gnaden- und gewissenlos nutzen diese anonymen Beton-Giganten sämtliche legalen (und manchmal auch halblegalen) Möglichkeiten, um auf dem Rücken von Millionen Mietern am unteren Rand der sozialen Skala größtmögliche Rendite zu erzielen – oftmals auch noch, ohne dabei Steuern zu zahlen. Zumindest die super-reichen Fonds-Investoren aus Katar, USA, Russland oder Großbritannien reiben sich derweil erfreut die Hände.

Neue Preisdimensionen bei Luxuswohnungen in der City

Fast sämtliche medienwirksame Beispiele für all die Weltuntergangs-Geschichten über „Mietwucher“ und „Horror-Vermieter“ stammen bei näherem Hinsehen aus einer guten Handvoll besonders boomender Großstädte wie München, Stuttgart, Hamburg, Berlin, Köln oder Frankfurt.

Wenn beispielswiese in München für eine Neubauwohnung bis zu 35 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter verlangt (und bezahlt) werden, dann klingt das ja auch in der Tat erstmal unglaublich. Unglaublich (aber weniger laut kommuniziert) ist aber auch die Tatsache, dass in der bayerischen Hauptstadt eine Neubau-Eigentumswohnung selbst am Stadtrand längst nicht mehr unter 7.000 Euro pro Quadratmeter zu haben ist.

Vor wenigen Jahren dachten viele noch, 3.000 Euro seien hier bereits die Schallmauer. Luxus-Apartments in Münchner Schicki-Micki-Vierteln werden inzwischen jedoch schon für sogar 16.000 Euro pro Quadratmet

er gehandelt. Hier stellt sich dann in der Tat die Frage, ob die Situation nicht aus dem Ruder zu laufen droht – bzw. längst aus dem Ruder gelaufen ist. Deshalb aber den gesamten deutschen Mietwohnungsmarkt über diesen einen Kamm zu scheren, erinnert an sozial-populistische Propaganda. Zumal es die Kommunen ja selbst in der Hand hätten, an wen sie ihr wertvolles Bauland verhökern.

Mietpreise in Rheinland-Pfalz vergleichsweise moderat

Es wäre höchst verwunderlich, wenn sich all diese bundesweiten Trends nicht auch in Rheinland-Pfalz widerspiegeln würden. So stiegen zwar auch hier seit 2012 die Kaltmieten besonders in in den größeren Städten Mainz, Trier, Speyer, Koblenz, Ludwigshafen, Worms oder Kaiserslautern um durchschnittlich knapp 15 Prozent.

Landesweit jedoch fielen die Steigerungen deutlich moderater aus – in manchen ländlichen Regionen tat sich in Sachen Mieterhöhungen sogar überhaupt nichts. Weiß man dann noch, dass sich die allgemeine Preissteigerungsrate im Vergleichszeitraum bei rund 11 Prozent bewegt, wird das Jammern über den vermeintlich „unbezahlbaren Wohnraum“ zumindest in Rheinland-Pfalz vollends zur Farce.

Sozialwohnungsbau zu teuer und bringt keine Lösung

Natürlich handelt es sich bei all den oben genannten Zahlen und Daten um Durchschnittswerte. Und natürlich soll und darf an dieser Stelle auch nicht verschwiegen werden, dass es in bestimmten Städten und für bestimmte Personengruppen inzwischen in der Tat schwierig bis unmöglich geworden ist, die passende Wohnung zu finden.

Die Instrumente, mit denen unsere Landesregierung (wie übrigens auch der Bund) dem Problem zu Leibe rücken will, sind jedoch von vorne herein zum Scheitern verurteilt. Denn die in großen Lettern propagierte Wiedergeburt des einst aus guten Gründen totgesagten sozialen Wohnungsbaus kann genauso wenig funktionieren wie die Einführung von Mietpreisbremse oder Kappungsgrenze.

Wollte der Staat all die fehlenden Wohnungen selber bauen, müsste er hunderte von Milliarden Euro in die Hand nehmen – die er nicht hat. Privates Geld aber wird niemand investieren, wenn dank staatlicher Gängelung am Ende nur ein Draufzahlgeschäft steht.

Lösung: Hilfe für Härtefälle und vermietende Bauherren

Schon seit langem fordert Haus & Grund deshalb gemeinsam mit zahlreichen Wirtschafts- und Immobilienexperten, den sündhaft teuren sozialen Wohnungsbau sein zu lassen und stattdessen das Wohngeld konsequent auszubauen. Damit könnte einem Vielfachen an Geringverdienern auch in teuren Städten geholfen werden.

Zumal dann, wenn gleichzeitig entsprechend lukrative Anreize für private Bauherren und Vermieter dafür sorgen, dass tatsächlich mehr Wohnungen gebaut werden – und zwar nicht etwa wie jetzt überwiegend im Luxus-Segment, sondern exakt zugeschnitten auf junge Familien, Rentner und Singles.

Dann nämlich könnte die Mär vom unbezahlbaren Wohnraum vielleicht einmal so enden: Und weil sie so gut rechnen können, drum bauen sie noch heute...

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