Die Wahrheiten und Irrtümer bei den Kosten des Wohnens

Die hohe Inflation zehrt am Geldbeutel ebenso wie an den Nerven. An ihr haben aber zumindest in Rheinland-Pfalz die Nettokaltmieten keinen Anteil, wie der Blick in amtliche Zahlenwerke zeigt. Statt hohe Mieten zu beklagen, müssen die echten Kostentreiber des Wohnens gesenkt werden.

Symbolbild Inflation: Geldscheine mit handschriftlich korrigiertem Wert Foto: MichaelJBerlin / Adobe Stock


„Man muss das Wahre immer wiederholen, weil auch der Irrtum um uns her immer wieder gepredigt wird, und zwar nicht von Einzelnen, sondern von der Masse.“

Von Verbandsdirektor RA Ralf Schönfeld

Das eingangs genannte Zitat des Dichters und Universalgelehrten Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) ist in der aktuellen Stimmungslage zutreffender denn je. Während rechte wie linke politische Gruppen einen „heißen Herbst“ mit Aufständen und Demonstrationen herbeizureden versuchen, ist die Diskussion in der Politik immer häufiger genauso wenig von Fakten geprägt wie die Berichterstattung in vielen Medien. Sobald es um das Wohnen geht, wird oft pauschal von der „Unbezahlbarkeit“ gesprochen und Stimmung gegen Vermieter gemacht.

Die wahren „Preistreiber“ sind in Rheinland-Pfalz nicht die Vermieter

Einen Blick auf die Fakten in Rheinland-Pfalz ermöglichen die amtlichen Zahlen des Statistischen Landesamts in Bad Ems. Dazu haben wir sowohl die langfristige Entwicklung seit 1995 als auch die Entwicklung der letzten zehn Jahre genauer unter die Lupe genommen: Hierbei zeigt sich deutlich, dass die Nettokaltmieten in Rheinland-Pfalz nicht das Problem sind. Sowohl im langfristigen Vergleich als auch im Zehn-Jahres-Vergleich liegt die Steigerung der Kaltmieten rund 10% unter der Steigerung des allgemeinen Verbrauchpreisindexes in Rheinland-Pfalz.

Bei genauer Betrachtung (siehe die Grafiken weiter unten) zeigt sich, dass sämtliche Nebenkosten, die zum Wohnen gehören, viel stärker gestiegen sind. Nur die Kosten für Wasserversorgung und ähnliche Abgaben sind im Zehn-Jahres-Vergleich um 2% weniger als die Kaltmieten gestiegen. In der langfristigen Betrachtung seit 1995 sind aber auch diese Kosten um 12% stärker gestiegen als die Kaltmieten. Andere Kosten wie Instandhaltung/Reparaturen sowie die verschiedenen Arten der Haushaltsenergie sind seit 1995 deutlich stärker (Heizöl sogar 5x so viel!) gestiegen wie die Nettokaltmieten.

Die neuesten Zahlen bis zum Redaktionsschluss stammen aus dem August 2022. Die gegenwärtige „Kostenexplosion“ bei Gas und Strom kommt darin noch nicht richtig zum Ausdruck. Vielmehr kann man davon ausgehen, dass die Entwicklung dieser Zahlen in den nächsten Monaten noch viel extremer nach oben gehen wird.

Keine Überbelastung von Mieterhaushalten durch Kaltmieten

Von einer Überbelastung der Mieterhaushalte durch Kaltmieten kann daher keine Rede sein. Im Gegenteil: Wenn man bedenkt, dass die Kaltmieten weniger gestiegen sind als der allgemeine Verbraucherpreisindex, bedeutet dies, dass die Kaltmieten in Rheinland-Pfalz inflationsbereinigt sogar gefallen sind.

Auch das Statistische Bundesamt hat Ende August in einer Veröffentlichung festgestellt, dass aktuell „die Teuerung der Nettokaltmieten im Vergleich zu den hohen Preissteigerungen in vielen Bereichen und im Vergleich zur Gesamtteuerung moderat“ ist.

Eine eigene Untersuchung von Haus & Grund Deutschland hat darüber hinaus ergeben, dass in Landau, Mainz, Speyer und Trier von 2015 bis 2020 die durchschnittlichen Löhne stärker als die Bestands- und Neuvertragsmieten gestiegen sind. Nur in Ludwigshafen stiegen die Löhne im selben Zeitraum lediglich um 6,1 %, während die Bestandsmieten einen Zuwachs von 6,5 % und die Neuvertragsmieten sogar von 8,6 % verzeichneten. Im Jahr 2020 wichen nur in Mainz die Mieten überdurchschnittlich stark von der bundesweiten Durchschnittsmiete ab. Die Löhne stiegen in Mainz allerdings auch überproportional.

Wie stark die Wohnkosten für die betroffenen Mieterhaushalte ins Gewicht fallen, variiert auch je nachdem, wie dicht besiedelt der entsprechende Wohnort ist. So war die Wohnkostenbelastung im Jahr 2021 deutschlandweit mit durchschnittlich 28,6% in Städten am größten. In ländlichen Gebieten mussten demgegenüber im Schnitt lediglich 24,9% des verfügbaren Haushaltseinkommens für Wohnkosten aufgebracht werden.

Inflation erschwert Eigentumsbildung zusätzlich – Kreditbelastung steigt

Da Wohneigentum gerade im Alter ein wichtiger Baustein gegen Altersarmut ist, ist eine hohe Eigentumsquote, wie sie Rheinland-Pfalz hat, ein großer Pluspunkt. Dieser Vorteil schwindet aber immer mehr, da die Eigentumsquoten bei der jüngeren Generation immer stärker sinken.

In der aktuellen Inflationslage rückt der Traum vom Eigenheim gerade für junge Menschen in Rheinland-Pfalz in immer weitere Ferne. Die Zinsen für Baufinanzierungen haben sich seit Januar etwa verdreifacht. Und nun macht auch die Inflation den Erhalt eines Kredits schwieriger: Die Banken setzen bei der Bewertung der Solvenz der Kreditnehmer die Pauschalen für allgemeine Lebensunterhaltungskosten und für den laufenden Unterhalt der Immobilie höher an als bisher. Sonderkonstellationen wie Probezeiten, befristete Arbeitsverträge oder Elternzeit werden kritischer beäugt.

Fazit: Es braucht die Entlastung aller Verbraucher und eine bessere Eigentumsförderung

Nicht nur Mieter in Ballungsräumen werden zunehmend Probleme bekommen, die Wohnnebenkosten (v.a. für Heizung und Strom) zu tragen. Auch selbstnutzende Eigentümer geraten hier immer mehr in Bedrängnis. Während für Mieter vor allem eine deutliche Verbesserung beim Wohngeld angekündigt wurde, sollen private Immobilieneigentümer und vor allem Kleinvermieter im Regen gelassen werden.

In der aktuellen Situation drohen private Vermieter auf ihren getätigten Vorauszahlungen an die Energieversorger erst einmal sitzen zu bleiben. Die Forderung der Bundes-SPD, hier einen zeitweiligen Kündigungsausschluss wegen nicht gezahlter Betriebskostenabrechnungen einzuführen, macht dabei den Bock zum Gärtner. Es darf nicht dazu kommen, dass Vermieter die Zwischenfinanzierung für Energieversorger und Mieter zugleich übernehmen sollen, ganz gleich, ob die Vermieter die entsprechende Liquidität überhaupt haben.

Stattdessen braucht es zielgenaue Unterstützungsmaßnahmen. Dabei ist auch das Land gefordert. So könnte etwa die Förderbank ISB Kredite bei nachgewiesenen Notfällen vergeben, die nach dem Ende der Energiekrise zurückgezahlt werden. Bei den Corona-Hilfen hat das größtenteils funktioniert.

Langfristig braucht es außerdem eine nachhaltige Wohneigentumsförderung. Dazu gehören Maßnahmen wie die Senkung der Grunderwerbsteuer beim Ersterwerb einer selbstgenutzten Immobilie ebenso wie ein Unterbinden der Kostensteigerung der vielen kommunalen Abgaben inklusive der neuen Grundsteuer.

Die Politik muss hier frei von parteipolitischen Ideologien Lösungen umsetzen, die Eigentümer und Mieter gleichermaßen unterstützt und nicht einseitig Eigentümer und Vermieter belastet. Frei nach Goethe gilt daher:

„Wir hoffen immer, und in allen Dingen / Ist besser hoffen als verzweifeln.“

Unser Autor: der Landesverbandsdirektor Ralf Schönfeld

Unser Autor: Ralf Schönfeld 
ist Verbandsdirektor des 
Landesverbands Haus 
& Grund Rheinland-Pfalz.

 

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