Solarstrom: Vermieter sollten Balkon-Module erlauben, Mieter sich dafür aber auch an die Regeln halten
Haus & Grund Rheinland-Pfalz erklärt die Rechtslage zum Trendthema
Der Klimaschutz liegt immer mehr Menschen am Herzen. Deshalb erfreuen sich kleine Photovoltaik-Anlagen für Balkon und Terrasse seit einiger Zeit wachsender Beliebtheit – und die steigenden Energiepreise durch den Krieg in der Ukraine haben diesen Trend verstärkt. Die so genannten Stecker-Solaranlagen sind vergleichsweise leicht zu installieren und nicht besonders teuer. Das macht sie zu einer interessanten Variante für all jene, die zumindest teilweise auf erneuerbare Energien setzen möchten. „Anders als der Name es vielleicht vermuten lässt, ist für den sicheren Betrieb jedoch etwas mehr nötig als einfach nur das Einstecken der Anlage“, warnt Ralf Schönfeld. Der Verbandsdirektor von Haus & Grund Rheinland-Pfalz fasst zusammen, worauf Mieter und Vermieter in diesem Zusammenhang achten sollten.
Schutz der Umwelt im Grundgesetz verankert
Interessant ist natürlich die Frage, was geschieht, wenn der Mieter ein Balkon-Modul installieren möchte, der Vermieter aber dagegen ist. Mit einem solchen Fall musste sich beispielsweise das Amtsgericht Stuttgart beschäftigen. Es entschied: Der Vermieter hätte seinem Mieter die Zustimmung nicht verweigern dürfen (Urteil vom 30. März 2021, Aktenzeichen: 37 C 2283/20). Dem Gericht ging es nicht nur um die Abwägung der Interessen von Mieter (der Energiekosten einsparen möchte) und Vermieter (der einen nicht vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache beklagte). Es führte zudem als wichtige Argumente für kleine Solaranlagen den Wandel der Nutzungsgewohnheiten und der technischen Entwicklungen sowie insbesondere den Umweltschutz (im Zuge der politisch angestrebten Energiewende) ein. Der Schutz der Umwelt sei – so die Urteilsbegründung – schließlich auch als Staatsziel im Grundgesetz verankert (Artikel 20 a GG).
Gericht sah einen Anspruch auf Genehmigung
Unter dem Strich musste der Mieter seine trotz mehrfachen Verbots des Vermieters installierte Balkon-Solar-Anlage nicht wie vom Vermieter verlangt wieder entfernen. Zwar lag ein vertragswidriger Gebrauch vor, weil für die Installation laut Mietvertrag eine Einwilligung des Vermieters nötig gewesen wäre. Darauf darf sich der Eigentümer jedoch nicht berufen, weil seinem Mieter nach Einschätzung des Gerichts „ein Anspruch auf Genehmigung der Installation der Solaranlage zusteht“.
Der Mieter musste mehrere Bedingungen erfüllen
Im konkreten Fall musste der Mieter lediglich beim Schutz vor Sturm nachrüsten, weil ein Gutachter hier Defizite festgestellt hatte. Denn für den Erlaubnisanspruch müssen, so das Gericht, einige Grundvoraussetzungen erfüllt sein. So muss der Mieter beim Vermieter zumindest um Erlaubnis für die Installation bitten. Stehen dann keine triftigen sachbezogenen Gründe entgegen, besteht nach Einschätzung des Amtsgerichts ein Erlaubnisanspruch – sofern die Anlage
- fachmännisch installiert wird,
- baurechtlich zulässig ist,
- keine optische Störung darstellt,
- leicht zurückbaubar ist und
- nicht für eine erhöhte Gefahr (etwa bei Sturm oder durch Brand) sorgt.
Stuttgarter Urteil für Rheinland-Pfalz interessant
Nun handelt es sich „nur“ um ein Amtsgerichtsurteil und Stuttgart liegt bekanntlich nicht einmal in Rheinland-Pfalz. „Aber ganz uninteressant ist es nicht. Es bleibt spannend, wie weitere Urteile in vergleichbaren Fällen lauten werden. Der Umweltschutz wird künftig sicher öfter als zusätzliches Argument bei einer solchen Abwägung greifen – mit großer Wahrscheinlichkeit auch bei uns in Rheinland-Pfalz“, prognostiziert Rechtsanwalt Ralf Schönfeld.
Mietern empfiehlt er, in jedem Fall eine Genehmigung beim Vermieter einzuholen. Vermieter hingegen sollten sich gut überlegen, ob sie diese versagen und so das Risiko eingehen, vor Gericht zur Zustimmung gezwungen zu werden. „Im Idealfall einigen sich beide Seiten. Übrigens kann der Vermieter seine Zustimmung auch an Bedingungen knüpfen“, betont Schönfeld. Er rät dazu, neben den Anforderungen, die das Stuttgarter Amtsgericht aufgestellt hat, vom Mieter auch den Abschluss einer Haftpflichtversicherung zu verlangen, die im Zweifel für Schäden aufkommt, die durch die Anlage entstehen.
Völlig offen sei bislang, ob und wie sich die Diskussion um Stecker-Solaranlagen möglicherweise auf das Verhältnis zwischen Teileigentümern (die eine solche Anlage installieren möchten) und der Eigentümergemeinschaft (die möglicherweise dagegen stimmt) in einer WEG ausweitet und auswirkt. „Aus dem Stuttgarter Einzelurteil lässt sich keine seriöse Vorhersage treffen“, weiß Schönfeld. Allerdings klang beispielsweise bei einem (aus anderen Gründen eingestellten) Verfahren vor dem Amtsgericht im bayerischen Wunsiedel bereits an, dass auch hier die Tendenz dazu geht, dass die Installation solcher Anlagen nicht ohne Weiteres untersagt werden kann.
Rechtsrat beim Haus & Grund Ortsverein einholen
Sollten Mieter und Vermieter oder Einzeleigentümer und WEG sich nicht gütlich einigen können, erhalten Mitglieder von Haus & Grund kostenlos kompetenten Rechtsrat in der Beratung bei ihrem Ortsverein: