Erleichterung für Online-Eigentümerversammlung und so genannte Balkonkraftwerke geplant
Die Bundesregierung will die Hürden für digitale Versammlungen und Steckersolargeräte verringern.
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Wohnungseigentümergemeinschaften sollen die Eigentümerversammlung künftig auch als komplette Online-Veranstaltung durchführen können – zumindest dann, wenn das mit einer Dreiviertelmehrheit beschlossen wird. So sieht es ein Referentenentwurf vor, den das Bundesjustizministerium vorgelegt hat. Er behandelt auch ein weiteres aktuelles Thema: kleine Photovoltaikanlagen (so genannte Steckersolargeräte oder Balkonkraftwerke). Ihre Installation soll sowohl für Wohnungseigentümer als auch für Mieter erleichtert werden.
Wir geben einen Überblick, was der Entwurf vorsieht und wie er sich in der Praxis auswirkt, wenn die enthaltenen Gesetzesänderungen beschlossen werden.
Eigentümerversammlungen leichter online durchführen:
Bisher müssen Eigentümerversammlungen in einer WEG stets als Präsenzveranstaltung durchgeführt werden. Beschlossen werden konnten bisher so genannte Hybrid-Veranstaltungen, bei denen zusätzlich die Möglichkeit zur Online-Teilnahme besteht. Der Entwurf schlägt vor, § 23 Abs. 2a des Wohnungseigentumsgesetzes so zu ändern, dass als dritte Option künftig auch rein virtuelle Versammlungen möglich wären. Nötig soll dafür eine Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen sein.
Es soll nicht nur möglich sein, generell zu Online-Versammlungen überzugehen. Es wäre auch ein Beschluss möglich, der lediglich die Möglichkeit dazu einräumt. Ob eine anstehende Versammlung dann in Präsenz, als Hybrid-Variante oder rein virtuell stattfindet, könnten die Eigentümer selbst bestimmen (durch Geschäftsordnungsbeschlüsse) oder den Verwalter entscheiden lassen.
In jedem Fall gilt die Einführung von Online-Versammlungen maximal für drei Jahre ab Beschlussfassung. Die vorgeschlagene Befristung verfolgt mehrere Zwecke. So sollten Erwerberinnen und Erwerber von Wohnungen nicht für unbestimmte Zeit an eine vor ihrem Erwerb erfolgte Beschlussfassung gebunden werden. Die Befristung trägt auch der Tatsache Rechnung, dass sich die Haltung der Wohnungseigentümer zu virtuellen Versammlungen ändern könne.
Keine Antwort findet der Referentenentwurf auf die Befürchtung, reine Online-Versammlungen könnten unter Umständen einem Ausschluss von Eigentümern gleichkommen, die technisch nicht ausreichend bewandert oder ausgerüstet sind. Vorgeschrieben werden soll jedoch zumindest, dass virtuelle Wohnungseigentümerversammlungen hinsichtlich Teilnahme und Rechteausübung mit Präsenzversammlungen vergleichbar sein sollen. Das erfordere die Durchführung einer Videokonferenz und die Möglichkeit, dass auch virtuell alle Rechte der Eigentümer gewährleistet sein müssen (etwa Rederecht, Fragerecht, Recht zur Antragstellung, Stimmrecht).
Erleichterungen für Steckersolargeräte:
Da Mini-Photovoltaikanlagen immer beliebter werden und einen Beitrag zum Gelingen der Energiewende leisten können, will das Bundesjustizministerium rechtliche Hürden für die Installation der „Balkonkraftwerke“ abbauen. Davon sollen sowohl Eigentümer in einer Eigentümergemeinschaft profitieren als auch Mieter. Die Liste der „priviligierten baulichen Veränderungen“ nach § 20 Abs.2 S.1 WEG soll darum um den Punkt „Stromerzeugung durch Steckersolargeräte“ erweitert werden. Entsprechend sollen die Mieterrechte nach § 554 Abs.1 S.1 BGB ergänzt werden.
Da die Installation einer Steckersolaranlage eine bauliche Maßnahme im Sinne des § 20 WEG darstellt, bedarf es immer einer Beschlussfassung durch die Eigentümerversammlung. Bislang muss mehr als die Hälfte der anwesenden Eigentümer für die Maßnahme stimmen, damit eine Erlaubnis zustande kommt. Bei einer Aufnahme als „privilegierte Maßnahme“ hätte der Eigentümer einen Anspruch auf die Zustimmung (die er im Zweifelsfall auch einklagen könnte). Neben dem Anspruch auf das Ja zum „Ob“ dürfte die Eigentümergemeinschaft jedoch nach wie vor über das „Wie“ entscheiden. Wer ein Steckersolargerät installieren möchte, hätte also auch dann in der Regel keinen Anspruch auf eine bestimmte Durchführung. Der Ermessensspielraum der Gemeinschaft hat jedoch Grenzen: Es soll ihr nicht zulässig sein, durch überzogene Vorgaben zum „Wie“ die Installation durch die Hintertür zu verhindern.
Mieter benötigen bislang die Zustimmung des Vermieters – zumindest dann, wenn mit der Installation bauliche Veränderungen der Mietsache verbunden sind (etwa im Zusammenhang mit der Befestigung des Solarpanels oder dem Verlegen neuer Leitungen). Eine Aufnahme in die Liste der „privilegierten Maßnahmen“ würde bedeuten, dass Mieter verlangen können, dass der Vermieter die notwendige bauliche Veränderung gestattet. Ist die vermietete Wohnung Teil einer WEG, braucht es zusätzlich die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft – und der Mieter kann vom Vermieter verlangen, dass er einen entsprechenden Beschluss herbeizuführen versucht.
Und wie geht‘s nun weiter?
Noch ist das Gesetz nicht in der parlamentarischen Beratung. Zunächst dürfen Verbände und Länder dazu Stellung nehmen; erst im Anschluss soll es in den Bundestag eingebracht werden. Theoretisch ist eine Verabschiedung noch vor der Sommerpause möglich.
Mehr InformationenAuf der Internetseite des Bundesjustizministeriums können sowohl der Referentenentwurf als auch auch eine Übersicht der wichtigsten Fragen dazu heruntergeladen werden: |
Dieser Artikel stammt aus dem digitalen Info-Service von Haus & Grund Rheinland-Pfalz (Ausgabe Juni 2023 vom 28. Juni 2023). Melden Sie sich jetzt an für diesen kostenlosen Service des Landesverbands: