Tod der Mieterin über ein Jahr verschwiegen: Vermieter durfte außerordentlich kündigen
Die Zweifel an der Zuverlässigkeit des früheren Lebensgefährten waren erheblich genug.
Foto: MQ-Illustrations / AdobeStock
Mit einem ungewöhnlichen Fall musste sich das Amtsgericht München beschäftigen. Der frühere Lebensgefährte einer verstorbenen Mieterin wollte in deren Mietverhältnis eintreten. Allerdings hatte er die Vermieter über ein Jahr lang nicht über das Ableben seiner Partnerin informiert – bis diese auf anderem Weg davon erfuhren. Daraufhin erhielt er die außerordentliche Kündigung. Diese erklärte das Amtsgericht in einem erst jetzt veröffentlichten und inzwischen rechtskräftigen Urteil vom 12. Oktober 2022 (Aktenzeichen 417 C 9024/22) für wirksam. Es verurteilte den Mitbewohner der Verstorbenen dazu, die Wohnung innerhalb einer mehrmonatigen Frist zu räumen und an die Vermieter herauszugeben.
Im Jahr 1975 hatten die Vermieter mit einer Frau einen Mietvertrag über eine Zwei-Zimmer-Wohnung im Münchener Stadtteil Milbertshofen abgeschlossen. Bis zu ihrem Ableben im September 2020 hatte diese dort gelebt, gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten. Der Partner und Mitbewohner ließ allerdings erst über ein Jahr nach deren Tod mitteilen, dass seine Partnerin verstorben war.
Daraufhin kündigten die Vermieter das Mietverhältnis außerordentlich; sie verlangten Räumung und Herausgabe der Wohnung durch den Mann. Nicht zuletzt aufgrund der unterlassenen Mitteilung vom Tod der ursprünglichen Mieterin bestünden erhebliche Zweifel an dessen Zuverlässigkeit und zukünftigen Vertragstreue. Die Vermieter erhoben Klage.
Der Beklagte ließ demgegenüber lediglich ausführen, ihm sei schlichtweg nicht bekannt gewesen, dass er das Versterben seiner Lebensgefährtin und ursprünglichen Mieterin hätte anzeigen müssen. Aber das genügte dem Amtsgericht München nicht.
In der Urteilsbegründung heißt es unter anderem:
- Wichtiger Grund muss vorliegen: „Die Kündigung darf aufgrund von § 563 Abs. 4 BGB nur dann ausgesprochen werden, wenn in der Person des eingetretenen Mieters ein wichtiger Grund vorliegt. Ob ein wichtiger Grund vorliegt, der den Vermieter zur Kündigung berechtigt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Hierbei ist abzuwägen, ob die Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter zumutbar ist.“
- Berechtigterweise erhebliche Zweifel: „Berechtigterweise haben die Kläger erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit der Beklagtenpartei, da der Beklagte den Vermietern über mehr als ein Jahr hinweg keine Mitteilung über das Versterben der ursprünglichen Mieterin machte.“
- Info erst durch Nachfrage beim Mieterverein: „Nach Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung war seine Lebensgefährtin am 23. September 2020 verstorben. Hiervon erfuhren die Kläger erst aufgrund einer Nachfrage der Klägervertreterin beim Mieterverein infolge von Namensdifferenzen hinsichtlich des Mitgliedernamens.“
- Zeitnahe Information als Teil der Nebenpflichten: „Es ist als Bestandteil der vertraglichen Nebenpflichten anzusehen, dass der eintretende neue Mieter den Vermieter zeitnah über den Tod der Mietpartei in Kenntnis setzt. Soweit der Beklagte anmerkt, dass ihm nicht bekannt gewesen sei, dass er die Vermieter hätte informieren müssen, ist darauf hinzuweisen, dass es ihm oblag, sich entsprechend zu erkundigen. So findet sich auch in gängigen und zum Beispiel über das Internet frei verfügbaren Checklisten zum Vorgehen beim Versterben Angehöriger genau dieser Punkt als zeitnah vorzunehmender wieder. Das Unterlassen dieser Mitteilung stellt ein vertragswidriges Verhalten dar, das eine konkrete Erschütterung des Vertrauens in die Zuverlässigkeit und künftige Vertragstreue des Eingetretenen begründet und einen wichtigen Grund i.S.v. § 563 Abs. 4 BGB darstellt.“
- Trotz bekanntem Verfahren nicht gemeldet: „Vorliegend ist die unterlassene Mitteilung des Todes [der Lebensgefährtin des Beklagten] zudem im Kontext mit dem am Amtsgericht München geführten Rechtsstreit unter dem Aktenzeichen (…) zu sehen. Bereits ausweislich des Aktenzeichens handelt es sich um eine Rechtsstreitigkeit aus dem Jahr 2021. Das Urteil erging in diesem Verfahren, bevor die Mitteilung des Mietervereins vom Versterben der ursprünglichen Mieterin erfolgte. Gegenstand des Verfahrens waren Ansprüche aus dem Verhältnis Mieter/Vermieter. Obgleich die Rechtsstreitigkeit dem Beklagten bekannt war, veranlasste dies den Beklagten nicht dazu, die Kläger darüber zu unterrichten, dass die Mieterin verstorben war.“
Diese Bewertungen brachten das Gericht zu einem nachvollziehbaren Schluss: „Auf dieser Basis kann einem Vermieter nicht zugemutet werden, das Mietverhältnis mit dem Beklagten fortzusetzen.“
Mehr InformationenMit dem Tod des Mieters ist ein Mietverhältnis keineswegs – wie oft fälschlich vermutet – automatisch beendet. Was der Vermieter für diesen kniffligen Sonderfall unbedingt wissen und beachten muss, hat der Landesverband in einem Merkblatt zusammengefasst. Dabei geht es auch um den Eintritt eines Erben oder Lebensgefährten in das Mietverhältnis und um die Sonderkündigungsrechte des Vermieters in einem solchen Fall. Erhältlich ist das Merkblatt im Online-Shop des Landesverbands: Beratung beim OrtsvereinHaus & Grund Mitglieder erhalten in Ihrem Ortsverein Hilfestellung und Rechtsberatung rund um unterschiedlichen Möglichkeiten zur Kündigung eines Mietvertrags, beispielsweise nach dem Tod des eigentlichen Mieters. Einen Überblick über die 37 Vereine in Rheinland-Pfalz finden Sie hier: |
Dieser Artikel stammt aus dem digitalen Info-Service von Haus & Grund Rheinland-Pfalz (Ausgabe Mai 2023 vom 30. Mai 2023). Melden Sie sich jetzt an für diesen kostenlosen Service des Landesverbands: