Kein Steuerbonus für Rentnerin: Hausnotruf gilt nicht als haushaltsnahe Dienstleistung
Ohne Sofort-Hilfe vor Ort fehlte dem BFH die für eine Ermäßigung nötige hinreichende Nähe.
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Gerade Senioren nutzen häufig Hausnotrufsysteme, die im Notfall den Kontakt zu einer 24-Stunden-Servicezentrale herstellen, damit diese dann beispielsweise den Rettungsdienst verständigt. Für ein solches Notrufsystem gibt es keine Steuervorteile als haushaltsnahe Dienstleistung nach § 35a EStG . Dies stellte der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 15. Februar 2023 (Aktenzeichen VI R 7/21) klar. Er nahm damit eine Abgrenzung zu einem früheren BFH-Urteil vom 3. September 2015 (Aktenzeichen VI R 18/14) vor, bei dem es um ein Notrufsystem in einer Wohnanlage für betreutes Wohnen ging.
Steuerrechtlicher Hintergrund:
§ 35a Abs.2 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) bietet die Möglichkeit, auf Antrag die tarifliche Einkommensteuer für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse oder für haushaltsnahe Dienstleistungen um 20%, höchstens 4.000 €, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen zu senken. Voraussetzung für die Anerkennung als haushaltsnahe Dienstleistung ist, dass die Leistungen „haushaltsbezogen“ sind.
Das bedeutet, dass eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung vorliegen bzw. die Aufwendungen damit im Zusammenhang stehen müssen. Typischerweise gehören dazu hauswirtschaftliche Tätigkeiten, die normalerweise durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechende Beschäftigte erledigt werden und in regelmäßigen Abständen vorkommen.
Wichtig ist, dass ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang der Tätigkeit zum Haushalt besteht und diese dem Haushalt dient. Handelt es sich um Leistungen, die außerhalb des Haushalts erbracht werden, dann gibt es keine steuerliche Begünstigung.
Der aktuelle BFH-Fall:
In dem jetzt entschiedenen Fall hatte die Klägerin als Rentnerin für ein von einer GmbH bezogenes Hausnotrufsystem 288 Euro im Jahr gezahlt. Als Gegenleistung gab es die Bereitstellung eines Geräts und die Anbindung an eine 24-Stunden-Servicezentrale. Kein Teil der vertraglichen Leistungen war beispielsweise ein Sofort-Helfer-Einsatz an der Wohnadresse der Klägerin oder eine Pflege- und Grundversorgung. Diese Leistungen waren als Zusatzleistungen buchbar.
Nachdem das Finanzamt die Geltendmachung der Kosten für das Hausnotrufsystem als haushaltsnahe Dienstleistungen abgelehnt hatte, hatte die Kläger zunächst beim Finanzgericht Recht bekommen. Dagegen hatte das Finanzamt Revision eingelegt und nun vom Bundesfinanzhof die Bestätigung seiner ablehnenden Rechtsauffassung erhalten.
Abgrenzungskriterien zum betreuten Wohnen:
Die aktuelle Entscheidung ist eine Ergänzung bzw. Klarstellung zum bereits erwähnten BFH-Urteil aus dem Jahr 2015. In diesem älteren Fall hatte der BFH für ein mit der Betreuungspauschale abgegoltenes Notrufsystem, das innerhalb einer Wohnung im Rahmen des „Betreuten Wohnens” Hilfeleistung rund um die Uhr sicherstellt, die Möglichkeit der Steuerermäßigung nach § 35a Abs.2 Satz 1 EStG ausdrücklich bejaht.
Als Abgrenzung zu dieser Entscheidung führt der BFH seine bisherige Rechtsprechung zu § 35a EStG konsequent fort. Der entscheidende Unterschied zum Fall aus dem Jahr 2015 besteht darin, dass für das Notrufsystem und das Bereithalten von Personal für den Einsatz im Bedarfsfall, das im Rahmen eines betreuten Wohnkomplexes immer vor Ort war, Leistungen bezahlt wurden.
Bei dem jetzt entschiedenen Fall wurde aber grundsätzlich nur für die Möglichkeit einer Kontaktaufnahme zu einer Notrufzentrale gezahlt, die dann im Notfall weitere Hilfe rufen kann. Damit fehlte es hier am Merkmal der „Leistungserbringung im Haushalt“. Bei dem Fall der Leistungserbringung im Rahmen eines Konzepts für betreutes Wohnen trat der Leistungserfolg im steuerlichen Sinne bereits in der Wohnung des Steuerpflichtigen ein.
Insoweit hat der BFH sich jetzt von dieser älteren Entscheidung noch einmal im Detail klar abgegrenzt und betont, dass es auf den räumlich-funktionalen Haushaltsbegriff ankommt. Danach kann die räumlich-funktionale Verbindung zum Haushalt nicht allein dadurch begründet werden, dass sich die Leistung auf einen Haushaltsgegenstand bezieht bzw. der Leistungserfolg dort eintritt.
Dieser Artikel stammt aus dem digitalen Info-Service von Haus & Grund Rheinland-Pfalz (Ausgabe Mai 2023 vom 30. Mai 2023). Melden Sie sich jetzt an für diesen kostenlosen Service des Landesverbands: