Vermietete Eigentumswohnung: Hausordnung kann zur rechtlichen Stolperfalle werden

Vermieter sollten darauf achten, dass das WEG-Regelwerk auch für ihre Mieter gilt.

Symbolbild Blendwirkung: Sonne spiegelt sich auf einer Photovoltaik-PaneeleFoto: MQ-Illustrations / AdobeStock

Von RA Ralf Schönfeld

Bei der Vermietung einer Eigentumswohnung kommt es immer wieder zu Problemen bei der Harmonisierung der Regeln der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) mit denen des Mietvertrags. Für vermietende Eigentümer gibt es dabei mehrere Möglichkeiten, die Nutzungsregeln und Gebrauchsschranken, die sich aus Gemeinschaftsordnung und Hausordnung ergeben, mietvertraglich auf den Mieter zu übertragen.

In Bezug auf die Hausordnung geht es dabei nicht nur um die formalen Regelungen zwischen einem Eigentümer und seinem Mieter auf der einen und der Gemeinschaft der Eigentümer auf der anderen Seite. Ebenso wichtig sind auch die praktischen Konsequenzen im Verhältnis unter den Wohnungseigentümern sowie zum Mieter der Eigentumswohnung. Themen der Hausordnung sind dabei nur ein – gar nicht so selten auftretendes - Beispiel für die Frage von Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung von gemeinschaftlichen Regeln und Mietvertragsinhalten sowie den sich hieraus ergebenden rechtlichen Herausforderungen.

Wer muss welche Regeln beachten?

Zunächst einmal richten sich die Regelungen der WEG an die einzelnen Wohnungseigentümer. Beachtet werden müssen die Regelungen aber auch von Personen, die dem Hausstand oder dem Geschäftsbetrieb des Wohnungseigentümers angehören oder denen er sonst den Gebrauch und/oder die Benutzung der im Sonder- oder gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Grundstücks- oder Gebäudeteile bzw. Räume überlässt (Drittnutzer).

Ein Mieter einer Eigentumswohnung ist an eine Hausordnung der WEG nach § 535 BGB gegenüber seinem Vermieter (= vermietender Sondereigentümer) nur dann vertraglich gebunden, wenn die Hausordnung durch eine Vereinbarung zum Vertragsbestandteil des Mietvertrags geworden ist. Das Landgericht Karlsruhe (Urteil vom 12. Dezember 2013, Az 5 S 43/1) hat dazu sogar entschieden, dass ein Wohnungseigentümer, der seine Wohnung vermietet, verpflichtet ist, die Hausordnung in der jeweils gültigen Fassung seinem Mieter bindend aufzuerlegen. Zur Einbeziehung genügt eine Bezugnahme auf die Hausordnung in einzelnen Paragrafen des Mietvertrags oder ihre Beifügung als Anlage. Wenn eine (geltende) WEG-Hausordnung Bestandteil des Mietvertrags ist, kann der vermietende Sondereigentümer daher von seinem Mieter deren Einhaltung nach §§ 535, 241 BGB verlangen.

Aber auch wenn mietvertragliche Regelungen fehlen, kann der Wohnungseigentümer, von dem der Mieter seine Nutzungsrechte vertraglich bezieht, diesem nicht mehr an Rechten übertragen, als er selbst im Verhältnis zu den anderen Wohnungseigentümern hat.

Wer hat Ansprüche bei Regelverstößen?

Mit der seit Ende 2020 geltenden WEG-Reform haben sich die Ansprüche für ein Vorgehen bei Regelverstößen innerhalb der WEG geändert. Seitdem kann nur noch die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Einhaltung der internen Regeln der WEG gegen die Wohnungseigentümer und damit deren Mieter durchsetzen. Ihr stehen insoweit Abwehransprüche nach § 14 Abs.1 Nr.1 WEG (i.V.m. § 1004 BGB) zu.

Die WEG-Gemeinschaft kann nach § 9a Abs.2 WEG die Ansprüche wegen Verletzung des Gemeinschaftseigentums ausüben. Eines Beschlusses zur „Vergemeinschaftung“ bedarf es nach neuem Recht nicht mehr. Den einzelnen Wohnungseigentümern bleiben dagegen nur ihre Ansprüche wegen Verletzung des jeweiligen Sondereigentums. Die WEG hat daher gegen den Mieter, der bei der Benutzung des Gemeinschaftseigentums (z.B. Treppenhaus, Außenbereiche, Tierhaltung u.a.) gegen eine von den Wohnungseigentümern vereinbarte oder beschlossene Gebrauchsregelung verstößt, einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs.1 BGB. Nichts Anderes gilt für jegliche Vereinbarungen in Bezug auf die Benutzung des Sondereigentums.

Dabei sind die allgemeinen Ansprüche gegen den vermietenden Wohnungseigentümer auf Einhaltung von Vereinbarungen und Beschlüssen der Wohnungseigentümergemeinschaft und die Ansprüche wegen konkreter Eigentumsstörungen durch den Mieter zu unterscheiden.

Die auf § 14 Abs.1 Nr.1 WEG beruhenden Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche bestehen auch dann, wenn der Regelverstoß von dem Mieter ausgeht. Dabei kann der vermietende Wohnungseigentümer als mittelbarer Handlungsstörer in Anspruch genommen werden, wenn er dem Mieter den Gebrauch mit der Erlaubnis zum störenden Verhalten überlassen hat oder wenn er Kenntnis hat und nicht handelt oder mit dem störenden Verhalten typischerweise zu rechnen ist.

Fazit: Vermeiden Sie unterschiedliche Hausordnungen

Bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft sollte darauf geachtet werden, dass eine bestehende Hausordnung auch in alle Mietverträge aufgenommen wird, um widersprüchliche Regeln zu vermeiden. Besonders fatal wäre, wenn ein Mieter mehr oder weniger Rechte bzw. Pflichten hätte als andere Mieter.

Sollte der vermietende Eigentümer jedoch eine abweichende Hausordnung im Mietvertrag vereinbaren, ist er im Zweifel dann für die Erfüllung der nicht übertragenen Regeln zuständig. Hat der Wohnungseigentümer zum Beispiel die laut WEG-Hausordnung bestehende Pflicht zur monatlichen Reinigung des Treppenhauses nicht per Vertrag auf den Mieter übertragen, so muss der Vermieter die Reinigung durchführen. Nicht sein Mieter.

Da bekanntlich nichts beständiger ist als die Veränderung, sollte der Wohnungseigentümer sich gegenüber dem Mieter Änderungen der Hausordnung vertraglich vorbehalten Im Lauf der Jahre ist zu erwarten, dass eine WEG die Hausordnung auf Wunsch der Eigentümer verändert. Wenn es keine Änderungsklausel im Mietvertrag gibt, hätte dies zur Folge, dass der Mieter theoretisch nicht verpflichtet wäre, sich an die neue Hausordnung zu halten, da für seinen Mietvertrag noch die alte Hausordnung gilt.

Checkliste Hausordnung und vermietete Eigentumswohnung:

➨ Wurde von den Wohnungseigentümern eine Hausordnung vereinbart oder beschlossen?

➨ Falls ja: Ist gewährleistet, dass mit dem Mieter keine von dieser Hausordnung abweichende Gebrauchsregelungen vereinbart werden?

➨ Ist im Mietvertrag beachtet worden, dass das Vertragsmuster keine „eigene“ Hausordnung enthält und stattdessen die Hausordnung der WEG wirksam zum Bestandteil des Mietvertrags gemacht wurde?

➨ Enthält der Mietvertrag eine Änderungsvorbehaltsklausel für den Fall, dass die WEG eine Änderung der Hausordnung beschließt?

➨ Ist damit zu rechnen, dass der Mieter durch seinen Gebrauch der Mietsache anderen Wohnungseigentümern einen vermeidbaren Nachteil zufügt?

➨ Ist im Mietvertrag klargestellt, welches Mieterverhalten eine nachteilige Störung wäre und ist eine diesbezügliche Unterlassungspflicht des Mieters dokumentiert?

Fachkundige Hilfe beim Haus & Grund Ortsverein

Bei Fragen zu diesem Thema und bei Problemen mit Unterschieden zwischen den Hausordnungen können sich Mitglieder von Haus & Grund an ihren Ortsverein werden. Dort wird ihnen gerne geholfen.

Einen Überblick über die 37 Vereine in Rheinland-Pfalz finden Sie hier:

 

Dieser Artikel stammt aus dem digitalen Info-Service von Haus & Grund Rheinland-Pfalz (Ausgabe September 2022 vom 15. September 2022). Melden Sie sich jetzt an für diesen kostenlosen Service des Landesverbands:

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