Schieben, schaufeln und streuen: Das sollten Eigentümer und Mieter im Winter beachten

Unser Überblick beantwortet die wichtigsten Fragen rund um die geltende Räum- und Streupflicht.

Symbolbild Winterdienst: Schneeschaufel im EinsatzFoto: momanuma / AdobeStock

Die alljährliche Frage nach einer weißen Weihnacht können Meteorologen noch nicht beantworten. Eines aber ist schon sicher: Auch in diesem Winter wird der Streit um die Zuständigkeit für die Räum- und Streupflicht erfahrungsgemäß wieder für reichlich Streit und erhitzte Gemüter sorgen. Denn leider sind dazu viele Vermutungen oder sogar Fehl- und Falschinformationen im Umlauf. Wer muss nun also die Wege vor dem Haus streuen und freihalten? Die Kommune? Der Eigentümer? Die Mieter? Ganz so leicht ist diese Frage nicht zu beantworten.

Meist geben die Kommunen die Zuständigkeit weiter

Grundsätzlich sind für Bürgersteige und öffentliche Wege zwar erst einmal die Städte und Gemeinden verantwortlich. Aber fast überall im Land wälzen die Kommunen ihre Räum- und Streupflicht auf die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke ab. „Diese sind dann laut Satzung dafür zuständig, die Bürgersteige und Wege vor ihrem Grundstück von Schnee und Eis freizuhalten“, sagt Ralf Schönfeld, Verbandsdirektor von Haus & Grund Rheinland-Pfalz.

Räum- und Streupflicht auf die Mieter übertragen

Vermieter wiederum können diese Pflicht auf den oder die Mieter übertragen. Das geht aber nicht nach Lust und Laune, sondern nur dann, wenn dabei die entsprechenden gesetzlichen Regelungen eingehalten werden. Wichtigste Voraussetzung ist eine eindeutige Festlegung im Mietvertrag. „Liegt diese nicht vor, dann müssen Mieter auch nicht streuen und fegen“, betont Schönfeld.

Der Fachmann räumt in diesem Zusammenhang mit einem weit verbreiteten Irrtum auf: „Eine entsprechende Formulierung in der überreichten Hausordnung reicht nicht aus. Die Übertragung der Pflichten muss schon Teil des unterschriebenen Mietvertrags sein.“ Dann ist gegen die Übertragung der Räum- und Streupflicht auf die Mieter auch nichts einzuwenden, wie unter anderem das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt (Aktenzeichen 16 U 123/87) geurteilt hat.

Erfüllung des übertragenen Winterdienstes überprüfen

Aus den Augen, aus dem Sinn: Diese Einstellung kann beim Winterdienst sehr teuer werden. Denn selbst die ordnungsgemäße Übertragung der Räumpflicht befreit den Vermieter nicht von der Verantwortung. Er muss in regelmäßigen Abständen überprüfen, ob die Mieter ihren Winterdienst auch tatsächlich erfüllen (u.a. Oberlandesgericht Köln Az. 19 U 37/95; Oberlandesgericht Dresden Az. 7 U 905/96).

Die Vorgaben zu den Uhrzeiten unbedingt beachten

Egal ob der Eigentümer oder ein Mieter räumen muss: Für den Winterdienst gelten klare Vorgaben – auch was die Uhrzeit angeht. In welchem Zeitraum geräumt werden muss, regelt meist die Ortssatzung. Gibt es keine Regelung, ist von einer Räumpflicht von 7 bis 21 Uhr an Werktagen und von 8 oder 9 bis 21 Uhr an Sonn- und Feiertagen auszugehen. Das entschied etwa das Oberlandesgericht Koblenz (Az. 5 U 101/08).

Keine Befreiung für Berufstätige, Senioren oder Kranke

Auch gute Entschuldigungen wie berufliche Abwesenheit, Urlaub, Krankheit oder hohes Alter reichen nicht, um von den Pflichten entbunden zu werden. „Hier muss notfalls rechtzeitig für Ersatz gesorgt werden“, erläutert Schönfeld. Diese Ansicht vertreten verschiedene Gerichte wie die Landgerichte in Kassel und Düsseldorf (Az. 1 S 885/89 und Az. 21 S 42/88).

Vermieter können auch einen Räumdienst beauftragen

Als hervorragende, weil unkomplizierte Lösung für Mietshäuser hat sich in der Praxis die Beauftragung eines professionellen Räumdienstes durch den Vermieter erwiesen. Die dabei entstehenden Kosten können über die Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden. „Allerdings auch nur dann, wenn der Mietvertrag eine entsprechende Vereinbarung enthält“, stellt der Rechtsexperte klar.

Schneekarten sorgen für eine gerechtere Verteilung

Sollen die Mieter räumen, dann empfiehlt sich im Mehrfamilienhaus eine Regelung mit einer so genannten Schneekarte. Sie sorgt erfahrungsgemäß für eine deutlich gerechtere Verteilung der Arbeit als das immer noch weit verbreitete Wechseln der Räumpflicht von Tag zu Tag oder Woche zu Woche. Während da nämlich manche mit etwas Glück ganz um die Arbeit herumkommen, haben andere viel zu tun, weil sie Pech mit dem Wetter haben.

Die Schneekarte funktioniert denkbar einfach: „Für den nächsten Eis- und Schneetag ist jeweils der Mieter zuständig, der gerade die Karte hat. Und nur wenn er tatsächlich schippen und/oder streuen musste, kann er sie an den nächsten Mieter weitergeben“, erklärt der Haus & Grund Fachmann.

Informationen, Tipps und Hilfe beim Ortsverein

Mehr Informationen und nützliche Tipps rund um das Thema Räum- und Streupflicht hält der örtliche Haus & Grund Verein für seine Mitglieder bereit:

Außerdem ist zum Thema ein Merkblatt im Online-Shop des Landesverbands erhältlich:

OLG-Urteil: WEG musste nicht für die Pflichtverletzung des Hausmeisters haften

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) kann ihre Räum- und Streupflicht für öffentlich zugängliche Wege auf einen Hausmeister oder professionellen Hausmeisterdienst übertragen. Kommt es dann zu einer Verletzung dieser Pflicht, dann haftet im Schadensfall der Hausmeister oder Dienstleister – und nicht die übertragende WEG. Das hat das OLG Karlsruhe in einem Urteil von Ende 2020 noch einmal klargestellt (Urteil vom 7. Dezember 2020, Az. 9 U 34/19).

Kontrolle und Überwachung müssen nicht lückenlos sein

Wie für andere Eigentümer gilt auch für die WEG nach einer solchen Übertragung weiter zumindest eine Überwachungs- und Kontrollpflicht. Allerdings muss diese Überwachung nicht ohne Anlass alle Einzelheiten der Tätigkeit betreffen. Im Allgemeinen darf sich die WEG bei einem professionellen Hausmeisterdienst auf die Erfüllung der Pflichten verlassen und muss allenfalls stichprobenhaft prüfen, so lange keine besonderen Hinweise auf eine Pflichtverletzung vorliegen.

Anscheinsbeweis nur für die Räum- und Streupflicht selbst

Für die Haftung des Verkehrssicherungspflichtigen können in Fällen wie dem verhandelten (eine Fußgängerin war im Winter bei Glatteis gestürzt) unter Umständen die Regeln des so genannten Anscheinsbeweises Anwendung finden. Das gilt jedoch nur für die Verletzung der Räum- und Streupflicht an sich. Diese hatte die Stadt erfolgreich auf die WEG übertragen und diese wiederum auf den Hausmeisterdienst. Für eine mögliche Verletzung der Kontroll- und Überwachungspflicht komme der Anscheinsbeweis nicht in Betracht, so das Gericht.

 

Dieser Artikel stammt aus dem digitalen Info-Service von Haus & Grund Rheinland-Pfalz (Ausgabe Dezember vom 15. Dezember 2021). Melden Sie sich jetzt an für diesen kostenlosen Service des Landesverbands:

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