Nach der Flutkatastrophe bleibt noch eine Menge zu tun, aber „Ein Ahrtaler gibt so schnell nicht auf“
Landesverbandsdirektor Ralf Schönfeld berichtet von seinen persönlichen Eindrücken beim Ortstermin.
Fotos: Ralf Schönfeld / Haus & Grund Rheinland-Pfalz
Gleich nachdem im Juli das verheerende Unwetter in Rheinland-Pfalz gewütet hatte, organisierte der Haus & Grund Landesverband in Kooperation mit dem Roten Kreuz eine Spendenaktion. Nun nutzte Verbandsdirektor Ralf Schönfeld einen Termin beim Ortsverein in Bad Neuenahr-Ahrweiler, um sich selbst ein Bild vom Stand der Aufräum- und Instandsetzungsarbeiten zu machen. Seine Eindrücke schildert er an dieser Stelle – und nutzt die Gelegenheit für Bestandsaufnahme und Ausblick.
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Von Verbandsdirektor Ralf Schönfeld
Seit der Flutkatastrophe im Ahrtal und weiteren Regionen von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen sind mittlerweile einige Monate vergangenen. In den Medien werden die Schlagzeilen schon wieder von anderen Themen wie der Corona-Pandemie, dem Klimaschutz oder der Regierungsbildung für Deutschland geprägt. Die Lage vieler Flutopfer ist aber immer noch sehr ernst. Und Hilfe ist – gerade jetzt im Winter – wichtiger denn je. Bei einem Besuch im Ahrtal und beim Vorsitzenden von Haus & Grund Bad Neuenahr-Ahrweiler, Gerd Ettelt, konnte ich mir nun auch einen persönlichen Eindruck von der aktuellen Situation verschaffen.
Besuch beim Ortsverein: Arbeit in Ersatzräumen
Bereits der Weg zur Geschäftsstelle von Haus & Grund Bad Neuenahr-Ahrweiler zeigte mir eindrucksvoll, dass noch lange nicht alles in Ordnung ist. Die bisherigen Büroräume mussten geräumt werden. Der Vereinsvorsitzende Gerd Ettelt (siehe Bild 1) musste mit seiner Rechtsanwaltskanzlei (und dem Verein) nach der Flutkatastrophe erst einmal in Ersatzräume der gleichen Liegenschaft umziehen, um wieder arbeiten zu können.
In den ersten drei Wochen nach der Katastrophe war zunächst kein Telefonkontakt zu den Mitgliedern möglich, da (wie in weiten Teilen des Ahrtals) weder Festnetz noch Mobilfunk funktionierten. Dreck und Schlamm mussten aus dem Haus entfernt und die Versorgungsinfrastruktur wiederhergestellt werden. Strom und Wasser gibt es mittlerweile.
Die Warmwasserversorgung inklusive Heizung ist jedoch vorerst nur mit einem Flüssiggastank möglich. Die „normale“ Telefonleitung funktioniert nach vier Monaten immer noch nicht. Der Parkplatz vor dem Gebäude, der im Juli völlig mit Schutt- und Schlammbergen übersät war, ist wieder benutzbar. Das Hinweisschild auf die Rechtsanwaltskanzlei von Gerd Ettelt (Bild 2) ist dagegen noch von den Spuren des Schlamms gezeichnet.
Hoher Beratungsbedarf: Mitglieder suchen Hilfe
Die Fragen betroffener Mitglieder von Haus & Grund drehen sich erwartungsgemäß um Themen wie Mietminderung, Kündigung oder Instandsetzung von Gebäuden. In Einzelfällen geht es auch um Versicherungsfragen. Für die Hilfe bei den Förderanträgen für öffentliche Gelder gibt es dagegen ein gut funktionierendes kommunales Beratungsnetzwerk.
Mobile Gastanks überall: Gang durch die Altstadt
Bei einem gemeinsamen Spaziergang durch die angrenzende Altstadt von Ahrweiler erhielt ich einen deutlichen Eindruck, wie die aktuelle Situation ist – und was noch alles passieren muss, damit hier wieder ein unbeschwerter Altstadtbummel denkbar ist.
Neben Eindrücken wie einer verschlammten Hauseingangstür mit Wassertank (Bild 3) oder einem entkernten Fachwerkhaus (Bild 4) gibt es auch Zeichen der Hoffnung und Zuversicht. An (Bild 5) und in (Bild 6) vielen Häuser wird gearbeitet und saniert.
Unzählige mobile Gastanks prägen zugleich das Bild der Altstadt. An den Fassaden der leerstehenden Geschäfte (Bilder 7 und 8) künden viele Botschaften von der Zuversicht der Betroffenen. Dazu kommen vereinzelt Weihnachtsbeleuchtungen, die trotz momentanem Leerstand an den Gebäuden angebracht werden.
Gerd Ettelt fasste die zahlreichen Botschaften an den Fassaden der Altstadt treffend zusammen: „Wir halten zusammen und gucken nach vorne.“ Besonders erwähnenswert ist aus seiner wie meiner Sicht, dass die große Mehrheit der privaten Immobilieneigentümer ihre zerstörten Objekte wieder aufbauen will.
Licht und Schatten: Unterwegs nach Rech
Ich kenne den Vorsitzenden von Haus & Grund Bad Neuenahr-Ahrweiler aus all den Jahren unserer Zusammenarbeit als stets gut gelaunten, positiven Menschen. Und sich selbst bleibt er trotz der herausfordernden Situation auch in seinem (besonders schwer betroffenen) Wohnort Rech treu. Auf seine Stimmungslage und die der anderen Menschen in der Region angesprochen, erklärte er nicht ohne Stolz: „Ein Ahrtaler gibt so schnell nicht auf…“. Das deckt sich mit den Eindrücken, die ich bei einer Fahrt durch das Ahrtal von Bad Neuenahr-Ahrweiler über Dernau bis nach Rech gewann.
Schon auf der Fahrt zeigte sich durch die streckenweise teilweise noch weggespülte Fahrbahn und die damit verbundenen Verkehrseinschränkungen deutlich, was hier noch alles zu tun ist. Auch die Berge von Reifen (Bild 9) und sonstigem Schutt entlang der Strecke waren nicht zu übersehen.
Im Weindorf Rech (Bild 10) ist nach wie vor das gesamte Ausmaß der Katastrophe zu sehen. Viele Häuser und große Teile der Infrastruktur sind zerstört und derzeit existieren nur Behelfsbrücken.
Zuversichtlich stimmte mich, dass bei meinem Besuch (an einem Montagnachmittag im November) an allen Ecken und Enden Handwerker bei der Arbeit zu sehen waren – sowie Helfer und die Feuerwehr an vielen Stellen im Einsatz.
„Alle elf Minuten verliebt sich ein Helfer ins Ahrtal“
Wie nahe Licht und Schatten zusammenliegen, erlebte ich auch in Dernau. Zum einen konnte ich „live“ mitverfolgen, wie ein Bagger mitten im Ort ein Haus dem Erdboden gleichmachte (Bild 11). Andererseits entdeckte ich an einer Hausfassade eine farbenfrohe „Helferwand“. Dort lässt sich nicht nur ablesen, wie hoch der Wasserpegel stand. Irgendjemand hat seine Zuversicht zum Ausdruck gebracht, indem er auf die Fassade den (an eine bekannte Werbung angelehnten) Slogan schrieb: „Alle 11 Minuten verliebt sich ein Helfer ins Ahrtal“ (Bild 12).
Fazit: Es ist noch viel zu tun – die Spendenaktion des Landesverbands läuft weiter
Zum Schluss möchte ich noch einmal Gerd Ettelts Fazit der Botschaften an den Gebäuden („Wir halten zusammen und gucken nach vorne“) erinnern. Diese Worte möchte ich auch an die Mitglieder von Haus & Grund in Rheinland-Pfalz (und darüber hinaus) richten. Unser Verbandsmotto „Eigentum. Schutz. Gemeinschaft.“ mit Leben zu füllen und die Betroffenen nicht allein zu lassen, ist in diesen Zeiten aktueller denn je. Während ich mich längst wieder in meine „heile Welt“ in Mainz zurückbegeben habe, sind meine Gedanken immer noch bei den Menschen im Ahrtal und den anderen betroffenen Gebieten in Rheinland-Pfalz.
Zu ihrer Unterstützung haben wir nach der Flutkatastrophe nicht gezögert und umgehend die gemeinsame Spendenaktion mit dem Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes organisiert. Bislang ist hier die beachtliche Summe von mehr als 100.000 Euro zusammengekommen. Dafür möchte ich allen Spenderinnen und Spendern besonders herzlich danken. Allerdings sind die Herausforderungen des Wiederaufbaus gerade für Immobilieneigentümer so vielfältig, dass jeder weitere Euro an Unterstützung wichtig ist! Deshalb geht unsere Spendenaktion auch weiter.
Ich teile Gerd Ettelts Einschätzung, dass es an der Ahr (langsam aber sicher) aufwärts geht. Er rechnet damit, dass bis Mitte kommenden Jahres die meisten Geschäfte wieder öffnen können. Bis die Infrastruktur zumindest einigermaßen wiederhergestellt sein wird, dürfte es aber wenigstens noch bis Ende 2022 dauern.
Dieser Artikel stammt aus dem digitalen Info-Service von Haus & Grund Rheinland-Pfalz (Ausgabe Dezember vom 15. Dezember 2021). Melden Sie sich jetzt an für diesen kostenlosen Service des Landesverbands: