Solarstrom: Vermieter müssen Balkon-Module erlauben, wenn Mieter sich an die Regeln halten
Amtsgericht sah den Umweltschutz als zusätzliches Argument für kleine Photovoltaik-Anlagen.
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In der Debatte um den Klimaschutz spielt Solarstrom eine wichtige Rolle. Während die Bundespolitik über eine Solardachpflicht nachdenkt (und Haus & Grund sich gegen eine solche Bevormundung der Eigentümer wehrt), erfreuen sich kleine Photovoltaik-Anlagen für Balkon und Terrasse wachsender Beliebtheit. Sie sind vergleichsweise leicht zu installieren und nicht besonders teuer – und deshalb als Alternative für Jene, die zumindest teilweise auf erneuerbare Energien setzen möchten, durchaus eine Überlegung wert. Die moderne Technik wirft rechtlich jedoch einige Fragen auf. Zum Beispiel: Was tun, wenn der Mieter eine solche Anlage installieren möchte, der Vermieter aber dagegen ist?
Stuttgarter Urteil sorgte bundesweit für Aufsehen
Mit einem solchen Fall hatte sich das Amtsgericht Stuttgart zu beschäftigen. Dessen Urteil sorgte (obwohl es „nur“ ein Amtsgericht gefällt hat und Rechtsmittel zudem noch möglich sind) bundesweit für einiges Aufsehen. Denn neben der Abwägung der Interessen von Mieter (der Energiekosten einsparen möchte) und Vermieter (der einen nicht vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache beklagte) führte das Gericht als Argumente für kleine Solaranlagen auch den Wandel der Nutzungsgewohnheiten und der technischen Entwicklungen sowie insbesondere den Umweltschutz (im Zuge der politisch angestrebten Energiewende) ein. Der Schutz der Umwelt sei – erinnerte die Urteilsbegründung – schließlich auch als Staatsziel im Grundgesetz verankert (Artikel 20 a GG).
Mieter hatte einen Anspruch auf Genehmigung
Unter dem Strich musste der Mieter seine trotz mehrfachen Verbots des Vermieters installierte Balkon-Solar-Anlage nicht wie vom Vermieter verlangt wieder entfernen. Zwar lag ein vertragswidriger Gebrauch vor, weil für die Installation laut Mietvertrag eine Einwilligung des Vermieters nötig gewesen wäre. Darauf darf sich der Eigentümer jedoch nicht berufen, weil seinem Mieter nach Einschätzung des Gerichts „ein Anspruch auf Genehmigung der Installation der Solaranlage zusteht“.
Anlagen müssen fachmännisch installiert sein
Im konkreten Fall musste der Mieter lediglich beim Schutz vor Sturm nachrüsten, weil ein Gutachter hier Defizite festgestellt hatte. Denn für den Erlaubnisanspruch müssen, so das Gericht, einige Grundvoraussetzungen erfüllt sein. So müsse der Mieter beim Vermieter zumindest um Erlaubnis für die Installation bitten. Stehen dann kann keine triftigen sachbezogenen Gründe entgegen, besteht nach Einschätzung des Amtsgerichts ein Erlaubnisanspruch – unter der Voraussetzung, dass die Anlage
- fachmännisch installiert wird,
- baurechtlich zulässig ist,
- keine optische Störung darstellt,
- leicht zurückbaubar ist und
- nicht für eine erhöhte Gefahr (etwa bei Sturm oder durch Brand) sorgt.
Was bedeutet das Urteil für Rheinland-Pfalz?
Nun liegt Stuttgart bekanntlich nicht in Rheinland-Pfalz. Zudem handelt es sich um ein noch nicht rechtskräftiges Urteil eines Amtsgerichts. „Aber ganz uninteressant ist es nicht. Es bleibt spannend, wie weitere Urteile in vergleichbaren Fällen lauten werden. Der Umweltschutz als Argument wird künftig sicher öfter als zusätzliches Argument bei einer solchen Abwägung greifen – mit großer Wahrscheinlichkeit auch bei uns in Rheinland-Pfalz“, prognostiziert Ralf Schönfeld, Rechtsanwalt und Landesverbandsdirektor von Haus & Grund Rheinland-Pfalz.
Seriöse Prognose für Fälle in der WEG unmöglich
Völlig offen sei hingegen, ob und wie sich diese Diskussion möglicherweise auf das Verhältnis zwischen Teileigentümern (die eine solche Anlage installieren möchten) und der Eigentümergemeinschaft (die möglicherweise dagegen stimmt) ausweitet und auswirkt. „Hier lässt sich aus diesem Einzelurteil aus Stuttgart noch keine seriöse Vorhersage treffen“, weiß Schönfeld.
Hilfe gibt es für Mitglieder bei ihrem Ortsverein
Bei individuellen rechtlichen Fragen zu diesem Thema empfiehlt er Mitgliedern von Haus & Grund, die Rechtsberatung in ihrem Ortsverein in Anspruch zu nehmen. Die Fachleute dort informieren sich regelmäßig über neue Urteile und haben dadurch im Zweifel den besseren Überblick, wie die Gerichte vor Ort in vergleichbaren Fällen entscheiden.
Solarstrom vom Balkon: Infos, Tipps und BeratungDie Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz hat die wichtigsten Informationen und Tipps rund um die beliebten kleinen Solaranlagen gleich doppelt zusammengefasst:
Zudem macht die Verbraucherzentrale interessierten Bürgern Angebote für Beratungen (auch) rund um das Thema Energie. Terminvereinbarungen und Kurzberatungen sind möglich unter:
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Dieser Artikel stammt aus dem digitalen Info-Service von Haus & Grund Rheinland-Pfalz (Ausgabe Oktober vom 28. Oktober 2021). Melden Sie sich jetzt an für diesen kostenlosen Service des Landesverbands: