Viel Lärm um (fast) nichts: Indexmieten spielen auf dem Wohnungsmarkt kaum eine Rolle
Von Indexklauseln sind laut aktuellen Berechnungen nur rund 2,2 Prozent aller Mieter betroffen.
Foto: Gan / AdobeStock
Wer die aktuelle Diskussion um die so genannte Indexmiete verfolgt, könnte leicht den (falschen) Eindruck gewinnen, sie sei ein entscheidender Faktor für die Entwicklung der Mietpreise in Deutschland. Namhafte Politiker von SPD und Grünen sprechen sich ebenso vehement für eine Begrenzung von Mieterhöhungen bei Verträgen mit Indexklausel aus wie der Bundesrat, der einem entsprechenden Antrag von Bayerns Ministerpräsident Dr. Markus Söder zugestimmt hat. Der Deutsche Mieterbund sieht sich gar genötigt, Alarm zu schlagen und vor rasant steigenden Mieten zu warnen. „Das sind alles Nebelkerzen“, betont dagegen Haus & Grund Präsident Dr. Kai H. Warnecke. Die Bundesregierung solle sich lieber den wahren Problemen widmen. Eine aktuelle Berechnung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) untermauert seine Einschätzung. Danach sind Indexmietverträge auf dem deutschen Wohnungsmarkt ein absolutes Nischenprodukt: Nur 2,2 Prozent aller Mieter haben einen Vertrag mit einer solchen Klausel.
Kopplung der Kaltmiete an den Verbraucherpreisindex
Bei einem Indexmietvertrag wird die Entwicklung der Kaltmiete an den Verbraucherpreisindex gekoppelt. Steigt dieser, kann der Vermieter die Miete im entsprechenden Verhältnis anpassen. Dafür verzichtet er weitgehend auf andere Möglichkeiten zur Mieterhöhung – insbesondere sind Erhöhungen nach § 558 BGB bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete ausgeschlossen.
Für den Minister derzeit kein Handlungsbedarf
„Mieter mit Indexmietverträgen standen in den vergangenen Jahren zumeist besser da als Mieter mit normalen Mietverträgen“, betonte auch Bundesjustizminister Marco Buschmann im Gespräch mit der „Rheinischen Post“. Jetzt hätten sich zum ersten Mal seit längerem die Verhältnisse umgedreht. Er habe Zweifel, dass das eine sofortige Intervention des Gesetzgebers rechtfertige. Gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe stellte er unlängst noch einmal klar, dass er keinen „unmittelbaren Regulierungsbedarf“ sehe.
Diskussion sorgt für größere Bekanntheit
Im Streit mit dem Koalitionspartner liefert dem Minister nun die Berechnung des IW zusätzliche Argumente. Sie zeigt, dass die Indexmiete trotz aller Diskussion definitiv kein flächendeckendes Phänomen ist. „Paradoxerweise könnte gerade die aktuelle Diskussion Indexmieten deutlich bekannter machen“, sagt IW-Immobilienexperte Ralph Henger. So lässt es sich vermutlich auch erklären, dass die Zahlen zuletzt leicht gestiegen sind. Im Neubau, also bei Wohnungen und Häusern, die nach 2020 gebaut wurden, haben sieben Prozent der Mieter einen Vertrag mit Indexklausel unterzeichnet.
Standardregeln gelten für über 92 Prozent der Mieter
Henger rechnet jedoch nicht damit, dass sich dieser Trend weiter verstärkt und Indexmieten einmal marktbeherrschend werden könnten. Ohnehin fiel bereits jetzt die Zunahme bei so genannten Staffelmietverträgen deutlicher aus. Sie betreffen drei Prozent der Mieter insgesamt, aber 11,1 Prozent im Neubau. Die große Mehrheit (mehr als 92 Prozent aller Mieter) hat aber nach wie vor einen Mietvertrag unterschrieben, für den die üblichen Regeln für Mieterhöhungen gelten.
Die Möglichkeiten werden höchst selten ausgeschöpft
Das beste Argument gegen die Reglementierung von Indexmietverträgen sind die Erfahrungen der Vergangenheit. Die Mieten steigen nicht automatisch bei einem Anstieg der Verbraucherpreise. Es braucht eine Mieterhöhung in Textform. Und die Möglichkeit dazu schöpfen private Vermieter nur höchst selten aus. „Viele von ihnen haben beispielsweise in der Corona-Krise viel Rücksicht auf ihre finanziell gebeutelten Mieter genommen und auf Erhöhungen sogar ganz verzichtet“, betont Ralf Schönfeld. Der Verbandsdirektor von Haus & Grund Rheinland-Pfalz rechnet damit, dass sich viele Privatvermieter auch in der aktuellen finanziellen Lage als sehr sozial erweisen.
Um die wirklich wichtigen Stellschrauben kümmern
„Aber es wird Zeit, dass das auch mal gewürdigt wird und vor allem nicht unnötig Energie auf Diskussionen um immer neue Reglementierungen verschwendet wird“, fordert Schönfeld. Die Politik solle sich lieber um die wirklich wichtigen Stellschrauben für bezahlbares Wohnen kümmern. Dazu zählt für Schönfeld neben besseren Anreizen für den Neubau und den Erhalt von Wohnraum insbesondere die Reduzierung der Betriebskosten. Sie steigen nicht allein durch höhere Preise, sondern zudem – und vor allem – durch eine Vielzahl an Faktoren, die von der Politik maßgeblich beeinflusst werden.
Echte Entlastung sinnvoller als unnötige Diskussion
Ein anschauliches Beispiel sei die Einführung der CO₂-Umlage. Statt ab dem Abrechnungszeitraum 2023 eine komplizierte Aufteilung zu verlangen (mehr dazu: Artikel „Trotz Kritik und guter Gegenargumente: Aufteilung der CO₂-Kosten beschlossen“, Artikel „CO₂-Preis fürs Heizen: Für die umstrittene Aufteilungs-Regel gelten einige Ausnahmen“), sollte besser – mindestens vorübergehend – ganz auf die Umlage verzichtet werden. Das brächte eine willkommene Ersparnis für Mieter wie Vermieter. Die hohen Energiepreise sorgten derzeit auch ohne diese Zusatzkosten bereits für die Lenkungswirkung, mit der die Politik die Umlage begründet hat. „Eine solche echte Entlastung wäre viel sinnvoller als die unnötige Diskussion um eine Beschränkung von Indexmieten“, findet Verbandsdirektor Schönfeld.
Mehr Informationen:Info-Artikel Weitere Informationen rund um die Indexmiete (und die jeweils aktuellen Indexwerte) hält der Landesverband auf seiner Hompepage bereit: Merkblatt zum Thema Ein frisch aktualisiertes Merkblatt von Haus & Grund Rheinland-Pfalz fasst die wichtigsten Informationen zur Indexmiete (sowie zur Staffelmiete) zusammen: Indexklausel in Mietverträgen Die Wohnraum-Mietverträge des Landesverbands verfügen über eine Index-Klausel, die ausgewählt werden kann, wenn die Höhe der Miete an die Entwicklung des Verbraucherpreisindex gekoppelt werden soll. Die Verträge sind – in gedruckter Form sowie als Online-Vertrag – im Shop von Haus & Grund Rheinland-Pfalz erhältlich: |
Dieser Artikel stammt aus dem digitalen Info-Service von Haus & Grund Rheinland-Pfalz (Ausgabe März 2023 vom 22. März 2023). Melden Sie sich jetzt an für diesen kostenlosen Service des Landesverbands: