Haus & Grund Rheinland-Pfalz fordert Grundsteuerbremse statt Mietpreisbremse

Die Grundsteuer soll reformiert werden. Das wird auch höchste Zeit – sie beruht nämlich auf hoffnungslos veralteten Daten. Allerdings darf eine Reform nicht für zusätzliche Steuerbelastungen bei Eigentümern und Mietern sorgen, mahnt Haus & Grund Rheinland-Pfalz.

Waage
Foto: Eisenhans / fotolia.de

Von unserem Landesverbandsdirektor RA Ralf Schönfeld

Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten steuerlichen Einnahmequellen der Kommunen. Allein im Jahr 2015 nahmen die Gemeinden bundesweit über die Grundsteuer B insgesamt 12,8 Milliarden Euro ein und damit 4,1 Prozent mehr als 2014. Den stark steigenden Einnahmen der Städte und Gemeinden stehen die steigenden Belastungen der Eigentümer und Mieter gegenüber. Mit anderen Worten: Die Grundsteuer verteuert das Wohnen.

Daten im Westen von 1964, im Osten sogar von 1935

Die derzeitige Grundsteuer beruht auf veralteten Daten und ist investitionsfeindlich. Die Bewertung der Grundstücke geht in Westdeutschland auf 1964 zurück, in Ostdeutschland sogar auf 1935. Zudem hat der Wert des Gebäudes Einfluss auf die Höhe der Steuer, wodurch jede Investition ins Gebäude zu einer steuerlichen Mehrbelastung führt. Im Umkehrschluss bedeutet das außerdem, dass besonders wenig Grundsteuer für unbebaute Grundstücke fällig wird – selbst in Stadtzentren.

Die Grundsteuer muss also reformiert werden. Dreh- und Angelpunkt der aktuellen Debatte ist dabei die Bewertungsfrage.

Das Bundesverfassungsgericht prüft gegenwärtig die Ermittlung der Bemessungsgrundlage auf ihre Verfassungsmäßigkeit. Im Gegensatz zur Erbschaft- und Schenkungsteuer geht es dem Verfassungsgericht bei der Grundsteuer nicht um die Gleichbehandlung des Grundeigentums mit anderen Wirtschaftsgütern.

Da im Grundsatz die Gleichbehandlung des Grundeigentums innerhalb einer Gemeinde gilt, ergibt sich das Problem, dass sich aufgrund des inzwischen mehrere Jahrzehnte umfassenden Hauptfeststellungszeitraums zwischen in einer Gemeinde gelegenen Grundstücken erhebliche Bewertungsunterschiede ergeben. Da diese Differenzen bei der Bemessungsgrundlage weder durch die Steuermesszahl noch durch den Grundsteuerhebesatz ausgeglichen werden, liegt insoweit ein Verstoß gegen das Ziel einer folgerichtigen Besteuerung vor.

Haus & Grund teilt die im Gesetzentwurf der Länder Hessen und Niedersachsen zum Ausdruck gebrachte Notwendigkeit einer umfassenden Reform der bewertungsrechtlichen Grundlagen vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Zweifel an den derzeitigen Vorschriften.

Die anstehende Reform muss Rechtssicherheit schaffen. Immobilieneigentürmer wie Mieter vertrauen heute auf die Erhebung der Grundsteuer. Diese dürfen durch die beabsichtigte Reform der Grundsteuer nicht in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Aus diesem Grund müssen extreme Belastungsverschiebungen durch eine Härtefallklausel abgefedert werden.

Strukturelle Leerstände weiter berücksichtigen

Strukturelle Leerstände bei vermieteten Gebäuden müssen weiterhin berücksichtigt werden. Hierzu ist der Erhalt einer entsprechenden detaillierten gesetzlichen Erlassregelung unumgänglich, die nicht in das Ermessen der Behörde gestellt werden darf. Dabei dürfen keine überzogenen Forderungen an Grundeigentümer/Vermieter gestellt werden, wenn es um die Möglichkeiten zum Erlass der Grundsteuer bei Leerstand geht.

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat erst jüngst erklärt, dass leerstehende Immobilien auch über das Internet beworben werden müssen. Nur dann seien die „hinreichende Vermietungsbemühungen“ als Voraussetzung für einen Grundsteuererlass gegeben (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Mai 2016, Az. 6 A 10971/15.OVG).

Der hessische Finanzminister Thomas Schäfer hofft bei der anstehenden Reform auf einen vertretbaren Mehraufwand. Die Reform solle aufwandsneutral sein, also im Durchschnitt die Bürger nicht zusätzlich belasten. Eine neue Bewertung muss verfassungsfest sein und darf keine neuen Bewertungsungerechtigkeiten schaffen. Die Reform darf aber auch den bürokratischen Aufwand für Immobilieneigentümer und die Verwaltung nicht weiter erhöhen.

Bei der anstehenden Reform muss nach Auffassung von Haus & Grund insbesondere der Grundsatz der einfachen Ermittlung der Berechnungsgrundlagen im Zentrum der Überlegungen stehen. Die Nachvollziehbarkeit der Bewertung durch die Steuerpflichtigen wird für die Akzeptanz und Rechtssicherheit des Systems von besonderer Bedeutung sein. Darüber hinaus kann nur ein Verfahren, das vom Betroffenen keine unverhältnismäßigen Steuererklärungspflichten verlangt, zu Vertrauen und Rechtssicherheit führen.

Jede Erhöhung der Grundsteuer verteuert das Wohnen. Auch für Mieter könnte eine Neubewertung der Grundsteuer teuer werden, da dies zu steigenden Betriebskosten führt. Und jedes weitere Formular in der Steuererklärung senkt die Akzeptanz der Reform. Aus diesem Grund muss sich eine reformierte Grundsteuer an zwei Leitlinien orientieren: Aufkommensneutralität und Vereinfachung.

Kommunen könnten eine Mehrbelastung verhindern

Genau daran bestehen aber bis jetzt erhebliche Zweifel. Es ist davon auszugehen, dass eine Neubewertung der Grundstücke im Land für Haus- und Wohnungsbesitzer teurer würde. Natürlich könnten die Kommunen einen Anstieg der Bemessungsgrundlage individuell auffangen, weil sie selbst entscheiden, wie viel Grundsteuer ihre Bürger zahlen. Es ist jedoch zu befürchten, dass die Kommunen nicht mit niedrigeren Hebesätzen auf einen Anstieg der Bemessungsgrundlage reagieren werden, sondern weiter an der Steuererhöhungsspirale drehen.

Dabei erhalten die Kommunen durch die Justiz einen weiten Spielraum. Das Verwaltungsgericht Köln hat Ende 2015 beispielsweise eine Erhöhung der Grundsteuer B in Siegburg von 460% auf 790% als rechtmäßig angesehen. Begründet wurde dies mit dem Recht der Gemeinden, den steuerlichen Hebesatz festzusetzen.

Dies sei Teil der verfassungsrechtlich garantierten kommunalen Steuerhoheit. Die gerichtliche Kontrolle des Hebesatzes sei auf die Überprüfung seiner Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht beschränkt. Auf die Erwägungen und Beweggründe des Satzungsgebers komme es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit indes nicht an.

Bund und Länder müssen dem Bestreben der Kommunen, über eine Neufassung der Grundsteuerbemessungsgrundlage deutlich höhere Einnahmen zu erzielen, eine klare Absage erteilen. Die Länder sollten im Zuge der nun beginnenden Reform von der Möglichkeit des Grundsteuergesetzes Gebrauch machen und einen Höchsthebesatz festlegen. Die Fixierung von Höchsthebesätzen kann eine höhere Belastung mildern, ohne den Kommunen ihr im Kern verfassungsrechtlich geschütztes Hebesatzrecht zu nehmen.

Haus & Grund Rheinland-Pfalz fordert daher die Landesregierung auf, statt der (überflüssigen) Mietpreisbremse noch in der laufenden Legislaturperiode eine Grundsteuerbremse einzuführen. Dies gilt unabhängig von der Notwendigkeit einer umfassenden Reform der bewertungsrechtlichen Grundlagen vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Zweifel an den derzeitigen Vorschriften.

Konkret könnte eine Grundsteuerbremse analog zum sozialen Mietrecht definiert werden. Demnach sollte die Grundsteuer B innerhalb von drei Jahren maximal um 20 Prozent steigen dürfen. Dies würde Eigentümer wie Mieter wirksam vor zügellosen Grundsteuererhöhungen schützen. Denn bezahlbares Wohnen ist nicht nur Sache der Mieter, sondern auch der Eigentümer.

Unser Autor: Der Landesverbandsdirektor RA Ralf Schönfeld

 

Unser Autor: RA Ralf Schönfeld,
Verbandsdirektor von Haus & Grund
Rheinland-Pfalz.
Foto: Haus & Grund RLP

Zurück

Cookie-Hinweis

Diese Website nutzt Cookies, um Ihnen die bestmögliche Nutzererfahrung zu ermöglichen. Wenn Sie nachfolgend zustimmen, werden alle Einstellungen aktiviert.

Cookie-Einstellungen