Haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen: Den Steuerbonus gibt es auch für Mieter und WEG-Eigentümer
Mieter können einen Nachweis verlangen – besser noch ist eine transparente Nebenkostenabrechnung.
Foto: nmann77 / AdobeStock
Worum geht es?
Nach § 35a EStG können Steuerpflichtige Steuerermäßigungen beantragen, wenn sie haushaltsnahe Dienstleistungen und/oder haushaltsnahe Handwerkerleistungen in Anspruch genommen und unbar bezahlt haben. Diese Kosten können auch Mieter absetzen, wenn sie diese über die Betriebskosten zahlen. Das gilt ebenso für Wohnungseigentümer bei der WEG-Jahresabrechnung.
Voraussetzung für die Inanspruchnahme dieser Steuerermäßigung ist eigentlich, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat, was bei Mietern und Wohnungseigentümern regelmäßig nicht der Fall ist. Laut Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 9. November 2016 erfolgt der Nachweis der Kosten für den Mieter entweder in der Betriebs- und Heizkostenabrechnung oder einer gesonderten Bescheinigung des Vermieters. Entgegen dem in § 11 EStG geregelten Abflussprinzip kann der Mieter die gesamten begünstigten Kosten in dem Jahr geltend machen, in dem er die Abrechnung erhalten hat. Eine komplizierte Zuordnung von Vorauszahlungen bei nicht kalenderjährlichem Abrechnungsturnus ist nicht nötig. Diese Grundsätze gelten auch für Wohnungseigentümer einer WEG.
Welche rechtlichen Ansprüche haben Mieter?
Im Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter kann es zu Streit darüber kommen, ob und welche Bescheinigungen der Vermieter für haushaltsnahe Dienstleistungen ausstellen muss. Aus § 556 Abs. 3 BGB ergibt sich nur die grundsätzliche Pflicht des Vermieters zur jährlichen Abrechnung der Betriebskosten. Inhalt und Form der Abrechnung sind dabei nicht vorgegeben.
Nach einer Entscheidung des Landgerichts Berlin (Urteil vom 18. Oktober 2017, Az. 18 S 339/16) soll der Vermieter verpflichtet sein, die Betriebskostenabrechnung so zu gestalten, dass der Mieter die steuerlichen Vorteile bei haushaltsnahen Dienst- und Handwerkerleistungen in Anspruch nehmen kann. Ebenso hat das Amtsgericht Chemnitz (Urteil vom 28. August 2018, Az. 20 C 168/18) erklärt, dass dem Mieter gegenüber dem Vermieter ein Anspruch auf Auflistung der steuerlich relevanten haushaltsnahen Dienstleistungen in der Betriebskostenabrechnung zusteht.
Die Betriebskostenabrechnung, so das AG Chemnitz weiter, müsse den Mieter in die Lage versetzen, die für § 35a EStG maßgeblichen Beträge zu ermitteln. Dies setze nicht voraus, dass der Vermieter steuerberatend tätig wird und die einzelnen Kosten bereits selbst steuerlich zuordnet. Rechnungen seien aber so aufzuschlüsseln, dass dem Mieter die Inanspruchnahme der steuerlichen Vorteile ohne Weiteres möglich wird. Dabei sei es dem Mieter nicht zumutbar, Belegeinsicht zu nehmen und die einzelnen Rechnungen zuzuordnen. Diese Aufgabe obliege vielmehr dem Vermieter im Rahmen der Erstellung der Abrechnung. Soweit dem Vermieter zusätzlicher Aufwand für eine gesonderte Aufgliederung der Betriebskosten entsteht, handelt es sich dabei um nicht umlagefähige Verwaltungskosten.
Diese Entscheidungen werden in der Fachliteratur zum Teil kritisiert, da der Vermieter bei einer falschen oder unvollständigen Information für die Auswahl der Belege haften könnte, obwohl er als Vermieter keine Steuerberatung vornehmen darf. Entsprechende Gerichtsurteile, die diese Auffassung bestätigen, sind bisher nicht bekannt. Auf Nummer sicher gehen Vermieter, wenn sie keine gesonderte Bescheinigung ausstellen, sondern die Betriebskostenabrechnung so gestalten, dass der Mieter daraus selbst den steuerlich relevanten Aufwand nach § 35a EStG beziffern kann.
Welche steuerrechtlichen Anforderungen stellt der Bundesfinanzhof?
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun mit Urteil vom 20. April 2023 (Az. VI R 24/20) klargestellt, dass Mieter Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen gemäß § 35a EStG steuermindernd geltend machen können, auch wenn sie die Verträge mit den Leistungserbringern nicht selbst abgeschlossen haben.
Im entschiedenen Fall wohnten die Kläger in einer angemieteten Eigentumswohnung. Der Vermieter stellte ihnen mit der Nebenkostenabrechnung Aufwendungen für Treppenhausreinigung, Schneeräumdienst, Gartenpflege und für die Überprüfung von Rauchwarnmeldern in Rechnung. Hierfür begehrten sie die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen nach § 35a EStG. Finanzamt und Finanzgericht lehnten dies ab. Der BFH entschied anders. Er gab den Steuerpflichtigen Recht.
Nach der Entscheidung des BFH steht der Steuerermäßigung nicht entgegen, dass Mieter die Verträge mit den jeweiligen Leistungserbringern, z.B. dem Reinigungsunternehmen und dem Handwerksbetrieb, regelmäßig nicht selbst abschließen. Für die Gewährung der Steuerermäßigung sei ausreichend, dass die haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen dem Mieter zu Gute kommen. Soweit das Gesetz verlange, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten habe und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt sei, genüge als Nachweis auch eine Wohnnebenkostenabrechnung oder eine Bescheinigung, die dem von der Finanzverwaltung anerkannten Muster entspricht (siehe Anlage 2 des BMF-Schreibens vom 9. November 2016; siehe bitte Info-Kasten unten).
Aus beiden müssten sich allerdings Art, Inhalt und Zeitpunkt der Leistung sowie Leistungserbringer und Leistungsempfänger nebst geschuldetem Entgelt einschließlich des Hinweises der unbaren Zahlung ergeben. Nur bei sich aufdrängenden Zweifeln an der Richtigkeit dieser Unterlagen bleibe es dem Finanzamt oder im Klageverfahren dem Finanzgericht unbenommen, die Vorlage der Rechnungen im Original oder in Kopie vom Steuerpflichtigen zu verlangen. In diesem Fall müsse sich der Mieter die Rechnungen vom Vermieter beschaffen.
Hat das Finanzamt Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Ersatzunterlagen, darf die Steuerermäßigung nicht pauschal abgelehnt werden. Stattdessen gilt für das Finanzamt sowie das Finanzgericht der Amtsermittlungsgrundsatz, der zur weiteren Sachaufklärung verpflichtet, so der BFH. Nur in Ausnahmefällen kann in Frage kommen, dass die steuerpflichtigen Mieter/Wohnungseigentümer darauf verwiesen werden, den Erhalt (von Kopien) der Rechnungen im Zivilrechtsweg – unter Aussetzung des Besteuerungs- oder Klageverfahrens – gerichtlich zu beschaffen.
Diese Rechtsprechung zugunsten von Mietern gilt laut BFH entsprechend für Aufwendungen der Wohnungseigentümer, wenn die Beauftragung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen durch die Wohnungseigentümergemeinschaft – regelmäßig vertreten durch deren Verwalter– erfolgt ist.
Fazit: Transparente Gestaltung der Betriebskostenabrechnung erspart Zusatzaufwand
Der BFH hat klargestellt, dass nur, weil der steuerpflichtige Mieter/Wohnungseigentümer keine Rechnung der jeweiligen Leistungserbringer (Handwerker etc.) erhält, die Inanspruchnahme der Steuermäßigung nicht automatisch ausgeschlossen ist. Dafür müssen Mieter und Wohnungseigentümer aber zumindest über einen „Rechnungsersatz“ verfügen. Neben der Betriebskostenabrechnung des Vermieters und der Jahresabrechnung der WEG durch den Verwalter, kann als „Ersatzrechnung“ auch eine Bescheinigung anhand des Musters in Anlage 2 des BMF-Schreibens vom 9. November 2016 erstellt werden (siehe bitte Info-Kasten unten).
Um dem mietrechtlichen Streit darüber, ob der Mieter einen Anspruch auf solch eine gesonderte Bescheinigung hat, aus dem Weg zu gehen, sollte die Betriebskostenabrechnung entsprechend transparent gestaltet werden. Außerdem sollten Vermieter stets klarstellen, dass sie keine steuerliche Beratung durchführen und deshalb auch keine Gewähr für die Anerkennung von Kosten durch das Finanzamt übernehmen.
Mehr InformationenDie Anlage 2 des Schreibens des Bundesfinanzministeriums vom 9. November 2016 (als Muster einer Bescheinigung für den Mieter) und das aktuelle Urteil des Bundesfinanzhofs können Sie kostenlos als PDF herunterladen:
Wertvolle Hintergrundinformationen zur Betriebskostenabrechnung und zum Steuerbonus für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen liefern zwei Merkblätter des Landesverbands, die im Online-Shop von Haus & Grund Rheinland-Pfalz erhältlich ist: |
Dieser Artikel stammt aus dem digitalen Info-Service von Haus & Grund Rheinland-Pfalz (Ausgabe Juli/August 2023 vom 31. Juli 2023). Melden Sie sich jetzt an für diesen kostenlosen Service des Landesverbands: