Energiekrise: Schornsteinfeger warnen vor riskanten Experimenten beim Heizen
Manch kreative Idee zur Wärmeversorgung ist im wahrsten Sinne des Wortes brandgefährlich.
Foto: Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks
Steigende Energiepreise und die Sorge vor Versorgungsengpässen beim Gas sorgen momentan für viel Verunsicherung. Die Suche nach möglichen Heiz-Alternativen treibt bisweilen seltsame Blüten. In vielen Baumärkten sind nicht nur elektrische Heizlüfter gefragt, deren Betrieb zumindest aus wirtschaftlichen Gründen meist wenig sinnvoll ist (siehe Info-Kasten weiter unten). Auch Feuerschalen und -körbe sind teilweise ausverkauft. Dabei sind diese ausdrücklich nur für den Einsatz unter freiem Himmel gedacht. Wer sie in geschlossenen Räumen verwendet, riskiert sein Leben.
Schornsteinfegertag ist Teil einer Aufklärungskampagne
Daran erinnert der Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks mit zahlreichen Aktionen zum „Tag des Schornsteinfegers“ am 15. Oktober. Er warnt ausdrücklich vor dieser wenig durchdachten Idee und anderen brandgefährlichen Improvisationen bei der Wärmeversorgung. Der Aktionstag ist Teil der Aufklärungskampagne „Sicher Heizen im Winter – keine Wärme-Experimente im Haus“. Sie wird vom Deutschen Feuerwehrverband, der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes sowie von den Initiativen „CO macht KO“ und „Rauchmelder retten Leben“ unterstützt.
Reaktivierung meist nicht ohne Weiteres möglich
Auf den ersten Blick noch halbwegs vernünftig wirkt neben abstrusen Vorschlägen wie so genannten Teelicht-Öfen (aus Teelichtern und Blumentöpfen) die Überlegung, stillgelegte oder inaktive Holz- und Kaminöfen wieder in Betrieb zu nehmen. Eine Aktivierung dieser „Notfeuerstätten“ ist jedoch meist nicht ohne Weiteres möglich. Denn beim erneuten Anschluss müssen bestimmte Emissionsgrenzwerte und baurechtliche Vorgaben eingehalten werden. Ausnahmen gibt es (bisher) nur in wenigen Bundesländern. In Bayern und in Sachsen haben sich die Landesregierungen aufgrund der besonderen Situation für einen pragmatischen Umgang mit Holzfeuerungen entschieden. Befristet und in bestimmten Situationen können dort stillgelegte private Holzheizungen und -öfen über Allgemeinverfügungen wieder genutzt werden. Soweit bislang bekannt, ist etwas Vergleichbares für Rheinland-Pfalz momentan nicht in Planung.
Prüfung und fachgerechter Anschluss unverzichtbar
Neben den rechtlichen Fragen sollte aber auch die Sicherheit nicht zu kurz kommen. Länger nicht genutzte Feuerstätten müssen erst einmal überprüft und erneut fachgerecht angeschlossen werden, damit die Betriebs- und Brandsicherheit gewährleistet ist. Der Verband der Schornsteinfeger rät ausdrücklich, Kamin- und Kachelöfen, Kochherde oder Heizeinsätze unter keinen Umständen in Eigenregie und ohne vorherige Prüfung der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger anzuschließen.
Geschulter Blick auf Mängel und mögliche Probleme
Denn anders als Laien haben die Fachleute einen geschulten Blick auf die Gegebenheiten vor Ort: Ist der Querschnitt des Schornsteins frei? Sind die Anschlüsse fachgerecht? Gibt es bauliche Änderungen bzw. neue Dunstabzugsanlagen? Besteht Brandgefahr am Aufstellort, etwa durch neue Boden- und Wandbeläge oder Mobiliar? Sind technische Mängel wie defekte Dichtungen erkennbar? „Alle diese Faktoren sind sicherheitsrelevant und können schlimmstenfalls zu Bränden oder Kohlenmonoxid-Unfällen führen“, betont Andreas Walburg vom Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks.
Keine gefährlichen Behelfsheizungen aufbauen!
Als echte Herausforderung für Verbraucher erweist sich derzeit die angespannte Situation im Brennstoffhandel. Seit einiger Zeit schon ist Brennholz kaum verfügbar, die Liste der Vorbestellungen entsprechend lang. Wer die Möglichkeit hat, legt Vorräte an und sieht sich bereits nach Alternativen bzw. nach mobilen Heizgeräten um. Sind diese nicht verfügbar, kann es im Winter dazu kommen, dass Verbraucher gefährliche Behelfsheizungen konstruieren oder Outdoor-Geräte im Haus aufstellen. Das befürchten zumindest Schornsteinfegerhandwerk und Feuerwehr.
Im Warenkorb landen auch Grills und Feuerschalen
In Baumärkten sowie im Fach- und im Online-Handel sind Einzelraumfeuerstätten vor allem im Einstiegspreissegment seit Wochen ausverkauft. Daher wenden sich Verbraucher den für sie naheliegenden Ausweichprodukten zu. Im Warenkorb landen Gas-Heizstrahler oder -Lüfter, Ethanol-Feuerstätten, aber auch Campingkocher, Grills und Feuerschalen. „Plötzlich kommt alles in Frage, was in irgendeiner Form Wärme abgibt. Wir erkennen hier einen gefährlichen Trend“, kommentiert Walburg.
Es droht schnell Vergiftungs- und sogar Lebensgefahr
Die Aufklärungskampagne „Sicher Heizen im Winter – keine Wärme-Experimente im Haus“ macht insbesondere auch darauf aufmerksam, wie gefährlich es ist, brennstoffbetriebene Geräte als improvisierte Heizung in Innenräumen zu nutzen. Die Anreicherung von Abgasen, fehlender Sauerstoff und eine erhöhte Konzentration des unsichtbaren und geruchsneutralen Kohlenmonoxids sorgen hier schnell für akute Vergiftungs- und sogar Lebensgefahr. In der aktuellen Energiekrise befürchten die Fachverbände einen spürbaren Anstieg der CO-Unfälle und Brände.
Sperrmüll oder Zeitungen kein geeigneter Brennstoff
Riskante Ideen sind aus ihrer Sicht ebenso bei der Auswahl des Brennstoffs vorprogrammiert. Spätestens wenn die Heizung im Fall der Fälle tatsächlich kalt bleiben sollte, könnten viele Menschen bei der Suche nach Ersatz für den (spätestens dann völlig) vergriffenen herkömmlichen Brennstoff zu höchst bedenklichen Alternativen greifen. Hier mahnen die Schornsteinfeger ebenfalls zur Vorsicht: Abfälle, Sperrmüll, lackiertes Holz oder Zeitungspapier verursachen bei der Verbrennung gesundheitsbelastende Emissionen.
Mehr Informationen gibt es bei den Innungen vor Ort
Bei der Suche nach dem Schornsteinfeger vor Ort helfen in Rheinland-Pfalz die jeweiligen Innungen in den vier Regionen und der Landesinnungsverband:
Landesinnungsverband des Schornsteinfegerhandwerks Rheinland-Pfalz
Telefon: 06 31 / 31 61 70
www.schornsteinfeger-liv-rlp.de
Schornsteinfegerinnung Koblenz
Telefon: 02 61 / 4 06 30 20
www.schornsteinfeger-innung-koblenz.de
Schornsteinfegerinnung Montabaur
Telefon: 0 26 02 / 1 00 50
www.schornsteinfeger-innung-montabaur.de
Schornsteinfegerinnung Pfalz und Rheinhessen
Telefon: 06 31 / 3 71 22 40
www.schornsteinfeger-innung-pfalz.de
Schornsteinfegerinnung für den Regierungsbezirk Trier
Telefon: 0 65 22 / 9 33 99 76
www.schornsteinfeger-innung-trier.de
Auf den Internetseiten findet sich neben nützlichen Verbraucherinformationen jeweils auch eine Online-Schornsteinfegersuche.
Elektrische Heizlüfter nur in der Anschaffung günstig
Als Alternative zur Gasheizung kommen Heizlüfter bei genauerer Betrachtung darum nur in Ausnahmefällen in Frage. Das verdeutlicht eine Beispielrechnung des gemeinnützigen Portals co2online: Ein Heizlüfter mit einer Leistung von 1.000 Watt bzw. 1 Kilowatt (kW) wärmt jeden Morgen das Badezimmer für eine Viertelstunde (0,25 h) an. Der Heizlüfter benötigt somit 0,25 Kilowattstunden (kWh) Strom: Bei einem angenommenen Strompreis von durchschnittlich 0,32 Euro pro Kilowattstunde benötigt der Heizlüfter Das klingt erst einmal nicht viel – ist es im Vergleich zu anderen Heizformen allerdings. Läuft der Heizlüfter im Bad morgens und abends eine Stunde, was in einer Familie durchaus nicht unrealistisch ist, dann kommen im Jahr etwa bereits 232 Euro zusammen. Einige tausend Euro im Jahr zum Heizen der gesamten WohnungMomentan planen viele Kunden sogar, nicht nur das Bad, sondern die gesamte Wohnung mit Heizlüftern aufzuwärmen und das rund um die Uhr. Für diesen Fall muss schnell mit Kosten von einigen tausend Euro gerechnet werden. Unter dem Strich ist ein Heizlüfter darum kein sinnvoller Ersatz für eine Gasheizung. Das Heizen mit Strom ist (durch die schlechte Energiebilanz) um ein Vielfaches teurer als das Heizen mit Gas. Rechnen kann sich der Betrieb als Rundum-Heizungsersatz allenfalls, wenn der nötige Strom nicht teuer eingekauft werden muss, sondern etwa von einer Photovoltaik-Anlage auf dem eigenen Dach produziert wird. Übrigens: Eine sinnvolle Alternative dürften Heizlüfter nicht einmal für den hoffentlich nur theoretischen Fall sein, dass im Winter vorübergehend tatsächlich kein Gas mehr verfügbar sein sollte. Denn durch den hohen Verbrauch droht schnell eine Überlastung der Stromnetze bis hin zu örtlichen Stromausfällen, wenn mehrere Haushalte zur gleichen Zeit ihre eigenen vier Wände auf diese Weise aufwärmen möchten. Sicherheit und Komfort: Darauf sollten Sie beim Kauf achtenWer nur einzelne Räume temporär heizen möchte, sollte beim Kauf eines Heizlüfters auf eine gute Qualität, Prüfzeichen und eine gute Ausstattung achten. Das Gerät sollte laut Experten aus Sicherheitsgründen mindestens über einen Überhitzungsschutz und einen Kippschutz verfügen. Im Bad ist neben einem guten Standort (fester Stand, möglichst vor Wasser geschützt) zudem ein Spritzwasserschutz unverzichtbar. Neben der Sicherheit spielt auch der Komfort eine Rolle. Der Luftfilter sollte darum möglichst problemlos entnommen und gereinigt werden können. Ratsam ist – gerade bei Dauerbetrieb – auch ein möglichst leises Gerät (das 50 dB nicht überschreitet). Als praktisch in völlig unbeheizten Räumen hat sich eine Frostschutz-Funktion erwiesen, bei der sich der Heizlüfter automatisch einschaltet, sobald die Raumtemperatur unter null Grad Celsius sinkt. Foto: New Africa |
Dieser Artikel stammt aus dem digitalen Info-Service von Haus & Grund Rheinland-Pfalz (Ausgabe Oktober 2022 vom 14. Oktober 2022). Melden Sie sich jetzt an für diesen kostenlosen Service des Landesverbands: