Höhere Hürden zum Wohneigentum: Anteil erschwinglicher Immobilien sinkt

Eine aktuelle Studie sieht wachsende Probleme und wünscht sich u.a. eine bessere Förderung.

Symbolbild Wohneigentum: Häuschen und Treppe aus Geldmünzen mit Prozent-Zahl-Würfeln als Symbol für steigende Preise und ZinsenFoto: Fokussiert / AdobeStock

Für viele Kaufwillige in Deutschland rückt der Traum von der eigenen Immobilie derzeit in immer weitere Ferne. Selbst für Menschen mit hohen Einkommen sank die Zahl der Immobilien, die sie sich leisten können, binnen zwölf Monaten (von Anfang bis Ende 2022) spürbar. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der Deutsche Reihenhaus AG. Die Studie beschäftigt sich auch mit den Gründen für diese Entwicklung – und gibt Empfehlungen, wie die Politik für eine spürbare Entlastung bei der Wohneigentumsbildung sorgen könnte.

Etwas mehr als ein Viertel der Häuser bezahlbar

Ende 2022 hatte ein durchschnittliches Paar (Median) in Deutschland ein gemeinsames monatliches Einkommen von rund 3.730 Euro netto zur Verfügung. Wer sich mit diesem Budget ein Einfamilienhaus kaufen wollte, konnte sich laut Analyse der Forscher lediglich etwas mehr als ein Viertel (28 Prozent) der angebotenen Objekte leisten. Anfang 2022 waren es noch 40 Prozent gewesen.

Klarer Rückgang auch bei höherem Einkommen

Selbst Haushalte mit einem hohen Einkommen mussten sich mit weniger zufrieden geben. Für das einkommensreichste Fünftel der Gesellschaft waren (orientiert am Einkommen von im Schnitt 5.000 Euro netto) Ende 2022 mit 47 Prozent nicht einmal mehr die Hälfte der inserierten Einfamilienhäuser bezahlbar (zum Jahresstart noch 62 Prozent). Als erschwinglich im Sinne der Studie gilt eine Immobilie dann, wenn die Haushalte höchstens 30 Prozent ihres Einkommens für die Annuität aufwenden müssten.

München, Köln, Berlin: Großstadtregionen teuer

Vor allem Großstadtregionen sind teuer geworden. Die Zahl der erschwinglichen Ein- und Zweifamilienhäuser in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München oder Stuttgart hat sich für das reichste Fünftel mehr als halbiert (Rückgang um 54 Prozent). Fast genauso stark sank die Auswahl im direkten Umland der genannten Metropolen (minus 46 Prozent). Weniger stark ausgeprägt (aber durchaus spürbar) war die Entwicklung in den Regionen, die weder direkt an eine Großstadt angrenzen noch selbst eine Großstadt sind (Rückgang erschwinglicher Inserate um 32 Prozent).

Gestiegene Kosten und die so genannte Zinswende

Der Trend zieht sich mehr oder weniger deutlich durch alle Objekttypen (etwa auch bei Eigentumswohnungen) und sämtliche Einkommensklassen. Verantwortlich für die Entwicklung sind aus Sicht der Forscher insbesondere stark gestiegene Baukosten, die allgemeine Preisentwicklung, die ersatzlose Streichung eines Großteils der Wohneigentumsförderung, die mitunter hohen Kaufpreise und - nicht zuletzt - die so genannte Zinswende.

Zinssatz im Jahresverlauf mehr als verdoppelt

Offizielle Statistiken der Deutschen Bundesbank registrierten im dritten Quartal 2022 einen durchschnittlichen Zinssatz von 3,1 Prozent für Darlehen mit einer anfänglichen Zinsbindung von über 10 Jahren. Dies entspricht einer Verdopplung des Zinssatzes im Jahresverlauf. Der deutliche Anstieg der Zinsen für Immobiliendarlehen verteuert die Finanzierung – und wird sie in der Regel auch verlängern. Denn Haushalte, die ihre Finanzierung auf einer fixen monatlichen Summe aufbauen (Annuitätendarlehen), bräuchten bei unveränderter Summe länger bis zur Schuldenfreiheit.

Vorschlag: Freibetrag und progressive Grundsteuer

Angesichts der Ergebnisse der Studie richtet das Institut der deutschen Wirtschaft einen deutlichen Appell an die Politik, die Bürger bei der Wohnungseigentumsbildung zu unterstützen. Das wäre nach Einschätzung der Forscher sogar möglich, ohne die öffentlichen Kassen stark zu belasten. Wer seine erste Immobilie kauft, könnte etwa mit einem Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer entlastet werden. Auch eine progressive Grunderwerbsteuer, bei der die Steuerlast mit dem Kaufpreis steigt, würde Menschen mit niedrigerem oder mittlerem Einkommen helfen. „Interessenten von kleinen Immobilien hätten dadurch bessere Chancen“, sagt Studienautor Michael Voigtländer. Eine staatlich organisierte Hypothekenversicherung nach niederländischem Vorbild könnte ebenfalls Hürden reduzieren: Falls der Käufer seine Raten nicht mehr zahlen kann, springt der Staat ein.

Eigentumsbildung als Ziel staatlichen Handelns

Passend zu den Resultaten der Studie forderte Haus & Grund Präsident Dr. Kai H. Warnecke bei einer Expertenanhörung im Bundestag: „Die Eigentumsbildung muss endlich wieder ein zentrales Ziel staatlichen Handelns werden.“ Er beklagte unter anderem das Chaos bei der Eigentums- und Neubauförderung, unwirtschaftliche energetische Standards mit zweifelhaftem Nutzen für den Klimaschutz, hohe Grunderwerb- und Erbschaftsteuern sowie vielerorts zu wenig Bauland. Hinzu kämen hohe Energie- und Baupreise sowie anziehende Zinsen.

Um den Erwerb von Wohneigentum zu erleichtern, schlägt Haus & Grund folgende Maßnahmen vor:

  • Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer von 250.000 Euro pro Erwachsenem und 150.000 Euro pro Kind beim Ersterwerb einer selbstgenutzten Immobilie
  • bundesweit einheitlicher Grunderwerbsteuersatz von 3,5 Prozent
  • eigenkapitalersetzende Darlehen durch die KfW
  • Abkehr der ausschließlichen Neubauförderung von Effizienzhaus-40-Standards
  • Schaffung einer soliden und langfristen Förderkulisse zur energetischen Modernisierung von Bestandsimmobilien, die sich ausschließlich an private Eigentümer richtet („Jung kauft alt“)
  • auskömmliche Ausstattung des KfW-Programms „Altersgerecht Umbauen“ mit einem Fördervolumen von mindestens 150 Millionen Euro jährlich
  • der Staat muss das fördern, was er gesetzlich fordert
  • Regulierungsmoratorium für die kommenden fünf Jahre
  • Wenn dringend benötigtes Bauland fehlt, müssen Kommunen zur Bereitstellung von Bauland verpflichtet werden können. Um diese Pflicht durchsetzen zu können, bedarf es eines Verbandsklagerechts.

Download:

Wer sich für die Studie interessiert, kann diese kostenlos auf der Internetseite des Instituts der deutschen Wirtschaft herunterladen:

 

Dieser Artikel stammt aus dem digitalen Info-Service von Haus & Grund Rheinland-Pfalz (Ausgabe Januar / Februar 2023 vom 8. Februar 2023). Melden Sie sich jetzt an für diesen kostenlosen Service des Landesverbands:

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